„Jeder hat es bisher überlebt, also wirst du es auch.“ Mit diesen Worten drücken Jenny und
Chris die verängstigte Miri in die Hütte.
Sie wehrt sich heftig, aber es hat keinen Sinn. Sie wird in die kleine Hütte gesperrt. Von
außen wird die Tür zugehalten. „Achja. Eins haben wir noch vergessen: du musst mindestens 5 Minuten da drin bleiben. Viel Spaß!“ schreit Jenny durch die zugehaltene Tür.
Währenddessen klopft und schreit Miri heftig weiter. „Lasst mich hier raus! Ich fühl mich
dabei nicht wohl! Ich will zu meiner Mama!!!“
Alles was sie versucht, ist nutzlos. Ihre Freundinnen meinen es wirklich ernst. Nun ist der 26. Juni. Miri hat Geburtstag und ist 16 Jahre alt. Nach einer Weile beruhigt sie sich wieder. Mit der Situation abgefunden, schaut sie sich in der kleinen Hütte um, denn ganz stillhalten kann sie nicht. Langsam übernimmt die Neugier die Oberhand. >Was sich hier wohl finden lässt?<
Man merkt, dass vor nicht allzu langer Zeit andere Leute hier gewesen sein mussten. Auf dem Boden verstreut liegt Müll. Randaliert wurde auch. Viele kaputte Gegenstände stehen oder liegen, gepaart mit Scherben, im Raum. Ein Wunder, dass es auf der Veranda noch sehr aufgeräumt aussieht.
Auch wenn die Hütte von außen nicht sonderlich groß zu seien scheint, ist das Platzangebot im Inneren riesig. Es gibt neben einer 2. Etage noch einen Keller. Der Strom wurde schon vor langer Zeit abgestellt. Miri hatte sich beim Verlassen ihres Hauses noch schnell eine kleine Taschenlampe geschnappt. Neben dem grauen Schimmer des Mondes, der durch Löcher, Spalten und ein paar kleiner Fenster fällt, gibt es nun noch den geblichen Schein der Taschenlampe.
Zuerst gelangt man beim Betreten der Hütte in eine kleine Garderobe. Der Spiegel, der dort
hängt, ist gesprungen und verstaubt. Miri pustet über diesen. Der Staub wird dadurch
aufgewirbelt und sie fängt an zu husten. Nachdem sie sich beruhigt hat, geht es weiter. Beim Durchschreiten des Flures entdeckt sie die Treppe zur 2. Etage und zum Keller. Bei fast jedem zweiten Auftreten, knarren die Holzdielen. Außerdem hört man einige Nagetiere und ein paar Tauben, die es sich in einem Zimmer im Obergeschoss gemütlich gemacht haben.
Miri entschließt sich erstmal das Erdgeschoss zu erkunden. Rechterhand der Treppe ist die
Küche. Hier stehen allerdings nur ein paar Tassen und Teller herum. Weiterhin gibt es noch
einen Tisch und drei Stühle. Dies erweckt den Anschein, dass mehrere Personen hier gelebt
haben mussten. Miri geht nun auf die andere Seite der Treppe.
Hier befindet sich das Wohnzimmer. Mittelspunkt ist ein kleiner Couchtisch. Um ihn herum
befinden sich ein dreisitziges Sofa und zwei Sessel mit je einer Fußablage. An der Wand
dahinter hängt ein etwa 2 mal 1 Meter großes Gemälde. Durch den ganzen Staub kann man
auf ihm kaum etwas erkennen. Bei genauerer Betrachtung entdeckt man allerdings ein kleines Haus auf einem Berg. >Sollte das diese Hütte sein?<
Der Blickfang des Raumes ist eine alte Eichenholzschrankwand, die bist zur Decke reicht. Sie ist in einem bemerkenswerten Zustand, was man von dem Rest des Hauses vermutlich nicht sagen kann. Eins hingegen macht Miri stutzig. Es befindet sich weder Staub noch
Spinnenweben an und auf der Schrankwand. Sie möchte wissen, ob sich noch Gegenstände in der Schrankwand befinden.
Als Miri noch etwa einen Schritt entfernt ist, bemerkt sie eine Art Energiefeld. Es ist wie eine Wand. Das Bewegen hinter ihr ist merklich schwerer. Es kostet Miri große Anstrengungen, aber schließlich gelingt es ihr, eine Schublade zu öffnen. Darin befinden sich 2 Bücher. Miri schnappt sich die Beiden und bewegt sich schnell aus dem Energiefeld heraus.
Dabei fällt ihr Blick auf den Boden. Dort wo die eigenartige Wand auftrifft, liegen Scherben.
Diese allerdings nur davor.
Die Bewegungen hinter der Wand haben ihre Spuren hinterlassen. Die Bücher zu holen hat
Miri ganz schön erschöpft. Sie betrachtet beide Bücher erstmal von außen. Sie sind, im
Gegensatz zur Schrankwand, verstaubt. >Wie ist das nur möglich?< fragt sie sich. Auf einem der Bücher steht „Tagebuch“ auf dem anderen „Album“.
Wieder in einer Art Trance befindend, setzt sich Miri auf einen den alten Sessel. Dabei
scheint es sie nicht zu interessieren, ob er staubig ist oder nicht. Sie setzt sich in den Staub und beschließt, fast automatisch, erst das Album anzuschauen. Sie leuchtet es mit ihrer Taschenlampe an.
Es ist ein altes Fotoalbum. Auf der ersten Seite steht ein Satz, mit merkwürdigen
Schriftzeichen geschrieben. Trotz dass Miri die Schrift nicht kennt, ist es so, als würde sie
wissen was da geschrieben steht.
„Dies sind die Erinnerungen der Familie Gjelnou“
Miri blättert weiter. Wie schon der Tisch in der Küche vermuten lies, lebten 2 Personen in der Hütte. Die Bilder sind schon vergilbt. Unter ihnen stehen meist kleine Unterschriften wie z.B. „Ausflug zum See“ oder „Geburtstag in den Bergen“. Die Personen, die hier lebten, scheinen ein erfülltes Leben gehabt zu haben.
Als zweites nimmt sich Miri das Tagebuch zur Hand. Es ist merklich dicker als das Album.
Sie blättert einwenig darin rum. Viel Text, Bilder und Zeichnungen schmücken es.
Auszugsweise liest sie einige Seiten. Ohne eine Miene zu verziehen, steckt sie das Buch ein.
Miri wollte schon wieder aus dem Zimmer gehen, als ihr Blick noch mal in den Raum fällt.
Sie bleibt bei dem kleinen Couchtisch hängen, wo noch das Album liegt. Eigentlich möchte
Miri das Zimmer verlassen, sie spürt allerdings das Verlangen, das Fotoalbum an seinen
ursprünglichen Platz zu legen. Sie nimmt das Buch und platziert es wieder in die Schublade.
Diesmal ist es aber so, als wäre von dem Energiefeld nichts mehr zu spüren.
Zielstrebig verlässt Miri nun das Zimmer, geradewegs auf die Treppe zu, die in das
Obergeschoss führt. Oben angekommen, schaut man direkt zu einem kleinen, runden Fenster hinaus. Zu erkennen ist, trotz des Vollmondes, nichts.
Rechter Hand befinden sich das Bad und eine kleine Abstellkammer. Das Bad ist mit Toilette, Waschbecken und Dusche ausgestattet. Sonst findet man nichts mehr vor außer Staub und Dreck. In der Abstellkammer sind noch diverse Konserven vorhanden. Außerdem steht hinter einigen Holzkisten noch ein alter Besen.
Das Schlafzimmer liegt auf der gegenüberliegenden Seite. Dies ist sehr spärlich eingerichtet.
Lediglich ein Doppelbett mit Nachttisch und einem Gemälde gegenüber ist vorhanden. Das
Gemälde zeigt, so weit man das zu dieser Zeit sagen kann, nur einen Himmel.
Miri wollte das Zimmer betreten, aber konnte nicht. Etwas Merkwürdiges hält sie zurück. So
sehr sie sich auch anstrengt, es will ihr einfach nicht gelingen einen Schritt in das Zimmer zu wagen. Da Sie das Zimmer nicht betreten konnte, entscheidet sie sich den Keller
anzuschauen.
Miri geht also ins Erdgeschoss zurück. Als sie die Türklinke der Kellertür berührt hat, fährt
ihr ein eiskalter Schauer über den Rücken. „Es ist noch nicht zeit dafür“ flüstert eine kaum zu hörende Stimme.
Miri hält kurz inne und beschließt trotzdem hinunter zu gehen. Sie öffnet die Tür, welche sich nur schwer und mit lautem Knarren öffnen lässt. Sobald sie die erste Stufe betreten hat, flackert ihre Taschenlampe. Bei der zweiten Stufe geht sie aus.
„Ich sagte doch, es ist noch nicht so weit!“ wiederholte die Stimme. Man konnte sie nun
deutlicher hören. Es ist eine weibliche Person gewesen. Miri schreckt erneut zusammen. Das ganze ist ihr dann doch zu unheimlich und sie beschließt, die Hütte zu verlassen.
Miri steigt wieder in das Erdgeschoss und schließt die Kellertür. Sie blickt erneut die Treppe
hinauf ins Obergeschoss. „Ist hier jemand?“ auf diese Frage bekommt sie allerdings keine
Antwort.
Miri setzt ihren Weg zielstrebig in Richtung Wohnungstür fort. Auf dem Weg dahin fällt ihr
noch die alte Standuhr auf, die in der Garderobe steht. Wunderlicher Weise ist sie auf Punkt
15:00 Uhr stehen geblieben. Miri lässt die Uhr hinter sich und öffnet die Tür.
Chris und Jenny sitzen auf der Treppe zur Veranda und unterhalten sich. „Können wir?“ fragt Miri. Darauf hin springen die beiden auf. „AAAAA…. Erschreck uns nicht so! Wir dachten, du kommst gar nicht mehr wieder.“ antwort Chris, der doch immer der Schrecken in den Gliedern steckt. „Du warst immerhin über 20 Minuten in der Hütte, länger als jemals jemand zuvor.“ entgegnet Jenny nach einem Blick auf die Uhr. „Können wir nun endlich gehen? Ich bin müde.“ Miris Freundinnen bemerken, dass etwas mit ihr nicht stimmt. Sie wissen nur nicht was. Fragen wollen sie nicht, da sie, genau wie Miri, müde geworden sind. Ohne weiter groß darüber nachzudenken, gehen alle 3 wieder zu Miris nach Hause.