Lost in the Akiba
Zitat
Kleine Note von mir: Der Ehrlichkeit halber muss ich sagen, dass ich bei meinen Shoppingtouren echt nicht viel Lust zum Fotografieren hatte. Also bevor ich mich mit fremden Federn schmücke, habe ich euch hier eine ganz gute Fotostrecke aus dem Web rausgesucht.^^
Es gibt wahrscheinlich kaum einen anderen Ort in ganz Japan, an dem auch der nicht aus Gallien kommende Besucher nur noch den Kopf schütteln muss und sagt: „Die spinnen, die Japaner!“
Für uns Manga und Animefans ist die Akihabara natürlich ein kleiner Himmel auf Erden. Zu erreichen ist dieses Stadtviertel ganz einfach mit der Yamote JR Line. Schon im Bahnhof merkt man gleich, dass man am richtigen Ort gelandet ist, da Werbeplakate für neue TV-Serien, Mangareleases und Cardgames an den Wänden um Aufmerksamkeit werben.
Ich verlasse den Bahnhof mal gefühlsmäßig nach Westen und folge dem witzigen Wegweiser „Electric Town Exit“. Vorbei an einem ulkigen Bazar, in dem allerlei unglaubliche Energiesparlampen, LEDs und Elektroteile angeboten werden, steht man kurz darauf an der Chuo Dori Avenue, wo an den Wänden der Kaufhäuser einen riesige Plakate mit Mangafiguren anstrahlen. Ja, man ist drin und weiß gar nicht wo man zuerst hingehen soll. Gute Dienste erwies mir das Heft „The Akiba – A Manga Guide to Akihabara“, eine Mangageschichte, in der das Mädchen Yoko eine Art Schnitzeljagd auf der Suche nach ihrem Freund erlebt. Da es von 2008 ist und sich in Japan alles rasend schnell verändert, ist zwar nicht mehr alles an seinem Platz, aber die Tour führt einen zumindest an allen wichtigen Locations vorbei.
Wie in allen solchen Vierteln heißt es „gucken“
Zum Schluss steckt man den Führer ohnehin weg und lässt sich einfach treiben. Das für uns interessante Viertel beschränkt sich ohnehin auf ca.6 Häuserblöcke, also den Bereich westlich der Chuo Dori vom Kanda-Fluss bis zur Kuramaebashi Dori. Da kann man zumindest was die Straßen betrifft nicht wirklich verloren gehen, aber dafür lohnt es sich, genau in die vielen Läden zu schauen. Überhaupt sollte man die Akiba als Neuling mindestens dreimal aufsuchen, frei nach dem Motto:
- Veni = Erst mal orientieren
- Vidi = Genau schauen, Läden ausmachen, vergleichen
- Vici = Gnadenlos zuschlagen XD
Die Läden in der Akiba unterscheiden sich wesentlich von unserer deutschen Vorstellung eines Geschäftes. Alles ist wegen der hohen Mietpreise übereinander. Während an der Straße meist ein Elektroladen oder ein eher nach Souvenirshop anmutender Merchandising Laden ist, kommen die interessanten Geschäfte in den Stockwerken darüber. Also immer nach Treppenaufgängen und Etagenübersichten Ausschau halten! Auch verbirgt sich oft ein Aufzug im unteren Laden.
„Anime“ liest man selten. Wer nach Filmen sucht, sollte auf „DVD“ oder bald nur noch das BD Zeichen achten. „Manga“, „Books“, „Figures“, „Kostumes“ (nicht Cosplay!) sind die Schlagworte, die glücklicherweise auch für uns lesbar angeschrieben sind. Ich war auf meiner Suche nach der Fafner-DVD-Box eher auf Filme aus, hatte auf meinem Handy ein Bild der Box drauf und konnte es so den super freundlichen und stets sehr bemühten Leuten in den Läden unter die Nase halten.
Animes und... andere Animes
Ungefähr die Hälfte der Läden in der Akiba, die DVDs anbieten, verkaufen Animes, die andere Hälfte, manchmal ausdrücklich mit 18+ bezeichnet, bietet Hentai-Animes an, und welche Mengen davon! Und diese Abteilungen sind wesentlich besser besucht, als die mit den anständigen Filmen. XD In manchen Geschäften finden sich an den Wänden nur Bildchen mit einem Fach mit kleinen Karten darunter. In einem Laden konnte man mit so einem Zettel die DVD an der Kasse abholen, in einem anderen mehrstöckigen engen Laden lief das dann etwas anders:
Nicht jeder Shop ist wirklich ein "Shop"
Wie gewohnt war da ein Aufzug und neugierig, wie Iku nun mal ist steigt er natürlich ein und testet die einzelnen Etagen:
2.Etage (in Japan ist 1 das Erdgeschoss): Lauter Coverbildchen an den Wänden und die kleinen Zettel darunter. Herumgeschaut- na gut… nur Hentai.^^
3. Etage: Ähnliches Bild, gleiches Genre – kein Wunder, warum in dem Laden nur Männer in schwarzen Büroklamotten rumhängen.>.<
4. Etage: Stühle mit wartenden Schlipsträgern, eine Theke, weitere schlüpfrige Filmchen mit Zettelchen an der Wand. Hinter der Theke drei Typen. – Aha, scheinbar die Kasse, nur worauf warten die Leute hier? Dauert es so lange, bis man den Silberling aus dem Lager holt?
Bisher taugt das alles nix, aber es gibt noch zwei Stockwerke, was soll’s?
5. Etage: Die Aufzugtür geht auf. Ein Geruch von Yasmin vermengt mit billigem Kloduft. Eine kleine Japanerin im Maidkostüm grinst mich an. Hinter ihr eine Reihe Kabinen mit Holztürchen und vor den Türchen schön in Reih und Glied jeweils ein paar schwarze Schuhe. Unter meinen weit aufgerissenen Augen formte sich ein verzerrtes Grinsen und mit einem langgezogenen „Sorry“ hoffte ich, dass diese verdammte Aufzugtüre ganz schnell wieder zugehen möge. O.o.
6. Etage: - Habe ich mir aus gegebenem Anlass gespart…
*hust* auch das ist Japan.^^
Einkaufen in der Akiba
Was ist günstig, wo geht was? – Sicher eine der ersten Fragen, die interessieren. Auf der Karte aus dem Akiba-Manga Book habe ich mal zu den dortigen Adressen noch meine Tipps hinzugefügt.
Elektronik:
Kauft euch nur Elektrozeug, bei dem ihr es akzeptieren könnt, dass ihr keine Garantie drauf habt. Selbst bei einem IPod zuckt der Händler hier im Applestore mit den Achseln und verweist auf die asiatische Seriennummer, soll aber bei Apple auch schon Ausnahmen gegeben haben. Ladegeräte und externe Netzteile können heutzutage schon oft außer den japanischen 110 Volt auch unsere Spannung, aber nicht alle! Und eingebaute Netzteile sind meist nur auf 110 V ausgelegt. Ein Steckeradapter ist kein Problem. Grundsätzlich ist in Japan nichts billiger als bei uns, im Gegenteil! – Digicams kosten um die Hälfte mehr. Ist es mal billiger, dann sind die 10% Vorteil durch das Fehlen einer Garantie schnell wettgemacht. Es lohnen sich allenfalls Dinge, die es bei uns (noch) nicht gibt.
Anime und Merchandising:
Unglaublich, was es da alles gibt! Allerdings nicht billig. Ein Fan-T-Shirt kostet gern mal 30 - 40 Euro, ist aber dann auch wirklich gute Quali. Das XL heißt dort übrigens LL. Interessant fand ich auch, welche Animes da grad die Regale beherrschen: Majutsu no Index II, K-ON, Working!, Hanasaku Iroha, Angel Beats! und ganz viel Infinite Stratos.
Figuren
Ein absolutes Schnäppchen sind Figuren, so lange sie zumindest neu sind und das auch nicht überall. Wenn eine 1/8 Figur rauskommt, kostet sie je nach Hersteller zwischen 8 und 18 Euro. Da muss man echt schnell sein. Yui von Angel Beats! ist als ganz süße Figur grad rausgekommen, als ich dort war. Am Nachmittag war sie bereits überall ausverkauft und hätte nur 8,60 gekostet. >_>
Ist nun dieses Kontingent in einem Laden verkauft, kommt es nie wieder für den Preis rein. Ab dann geht es bei 20 Euro aufwärts für Einzelstücke weiter. Vergleicht man das aber mit unsren Preisen hier und im Internet, dann erkennt man schnell, dass die Einzelpreise dort immer noch gut unter unserem Niveau liegen. Z.B. eine 1/6 Ookami-san von Griffon kostet dort 54 Euro, bei uns weit über das Doppelte.
Aber Vorsicht!
Auch die in der Akiba wollen Geld verdienen. Viele Figuren stehen in Glasvitrinen und machen so den Eindruck, als seien sie kostbare Sammlerstücke. In solche Läden geht man zum Gucken, nicht zum Kaufen. Die guten Angebote finden sich dort, wo beispielsweise die Figuren zum Anfassen in der OVP in die Regale geschichtet sind.
Die Silberlinge
In den großen DVD Läden gibt es immer eine Abteilung mit Second Hand. Aber auch hier wird man überrascht: Toradora! DVD-Box, die es ja seit dem BD Release nicht mehr gibt: 380 Euro! Aber es geht noch besser: Kaum hatte ich endlich die Fafner-Box gefunden, haute mich das Preisschild drauf prompt aus den Socken: Umgerechnet 488 Euro! - okay, das Ding ist selten, aber verarschen kann der Typ einen anderen. >_>
Manga
Mandarake in der Paralellstraße zu der Chuo und der Shoheibashi Dori gelegen ist der angesagte Treffpunkt der Manga-Sammler. Es gibt nichts, das es hier nicht gibt und wenn nicht neu, dann sicher gebraucht. Im Erdgeschoss gibt es nur eine lange Theke, an der gebrauchte Mangas wieder in Zahlung genommen werden. Wer bei Mandarake neu kauft, kann den Manga zu einem guten Preis wieder einlösen. Ein tolles System für alle Mangahungrigen.
Gönn dir mal ‘ne Pause
Für alle Raucher unter euch: In Tokyo ist es nicht erlaubt, auf der Straße zu rauchen. Das liegt weniger an der Sorge um die Gesundheit der Nichtraucher, als vielmehr an den extrem sauberen Straßen und Gehwegen. In einer Seitenstraße neben einem Getränkeautomaten kann man es riskieren, aber man sollte sich mit einem „Taschenbecher“ für 1 Euro ausstatten, einem kleinen verschließbaren Metallzylinder, um darin seine Kippe zu verstauen. Mit dem Ding in der Hand drückt ein Ordnungshüter dann auch mal ein Auge zu. Ansonsten gibt es kleine Raucherkammern, deren zwei ich auf der Karte markiert habe.
Maid Cafés
Pflicht ist ein Besuch in einem Maid-Cafe. Oft laden süße Cosplay-Maiden auf den Straßen mit einem unglaublich niedlichen Neko-Lächeln ein, irgendwo im 3. oder 4. Stock diese drolligen Restaurants zu besuchen. Aber nicht nur niedlich! Bei einem Café stand auch mal eine ziemlich grimmig drein blickende Schönheit. Als ich endlich an ihrem stechend mürrischen Blick vorbei zu sein glaubte, rief sie mir ein „Hey“ in den Rücken und drückte mir einen Flyer in die Hand. Der japanische Text den sie mir dabei reindrückte, klang wie „Glaub ja nicht dass du mir damit eine Freude machst, aber kannst ja mal vorbeischauen!“ – offensichtlich eine Tsundere-Maid. XD
So ein Cafe ist echt total abgefahren. Die Aufzugtür geht auf – (überhaupt verbinde ich mit der Akiba unterbewusst ein „Aufzugtür geht auf… Überraschung!“ lol) – in jedem Fall begrüßt mich eine bis über beide Katzenohren grinsendes, mit 1,55 m ausgewachsenes Maid-Mädchen und versichert mir, wie überaus erfreut sie sei, mich nun bedienen zu können – und das sogar auf „Inglis“. Der kleine Gastraum ist überall pink, die Wände, die Tische, die Bar, die kleinen Hocker – oh ja… kleine Hocker. Also bei uns würdest du da allenfalls einen Fünfjährigen draufsetzen. Sie verlangt nach meinem Namen, Germany und so weiter… Dann winkt sie zwei Kolleginnen herbei, stellt mich ihnen vor und schon beginnen die drei einen japanischen Sprechgesang, bei welchem sie alle möglichen Zeichen und Gesten machen – alles perfekt synchron. Wenn ich bis jetzt mit meinen 1,92 m auf einem Kinderhocker sitzend im Angesicht aller anderen japanischen Besucher nicht einen hochroten Kopf hatte, dann spätestens, als man von mir erwartete, dass ich bei der zweiten Strophe alle Bewegungen und Fingerzeichen perfekt mitmachen konnte. Immerhin bedachte man mich – oder die Mädchen? – mit wohlwollendem Applaus.
Die Speisekarte mit ihren vielen Fotos zeigt, was an Essensdekoration möglich ist. Jedes Gericht grinst dich entweder als Katze, Teddybär oder mit einem Haruhi-Lächeln an. Es wird alles sehr liebevoll dekoriert und serviert. Natürlich gibt es auch als „Guten Appetit“ einen Herzchen-oishi Spruch, den man natürlich mitmachen muss. Meine mit Ingwermarmelade bestrichene Bärchen-Pfannkuchen war wirklich lecker und der Kaffee dazu weit besser als im Hotel.
Ach so: Bitte beachten, dass ein Maidcafe zusätzlich eine Art Platzgebühr kostet, die bei 8 bis 10 Euro liegt. Dafür darfst du dich eine Stunde lang von den Maiden verwöhnen lassen. Das macht sicher noch mehr Spaß, wenn man Japanisch kann, denn sie reden sehr gerne mit einem, wie ich beobachten konnte.
Die Akiba am Abend
Trotz Energiesparverordnung wegen Fukoshima gibt sich der Kern der Akiba in strahlenden Leuchtreklamen. Man sollte sich hier einen Abend zum Bummeln nicht entgehen lassen, denn jetzt kommen die Freaks. Plötzlich wimmelt es von Cosplay. Die Jugendlichen sind auffällig angezogen und es herrscht ein reges Treiben in den Seitengassen. Hier und da verrät ein sportliches Auspuffgeräusch einen aufgetunten Wagen eines Szene-Fans, der meist mit schicken Anime-Vinyls dekoriert ist. Aus den kleinen Elektronikläden schallt Anime-Pop oder Techno-Beat und die Maiden geben sich noch mehr Mühe, Gäste für ein Abendessen zu gewinnen. Kleine Jakittori-Läden und Suppenküchen in den Gassen in Richtung der Shoheibashi Dori sind ein nettes Ziel für ein Päuschen.
Wer noch Kraft in den Beinen hat, der kann von der Akiba auf der Chou Dori Richtung Norden bis Ueno laufen. Das dauert eine Viertelstunde, aber die Mühe lohnt sich, da man dort unter den Bahngleisen in richtig asiatischer Atmosphäre essen kann.
Ein Geheimtipp zum Abschluss
Wie schon angemerkt, gilt es in der Akiba gut auf die Preise zu schauen, denn hier weiß man leider auch die Begeisterung der Fans in bare Münze zu wandeln. Doch es gibt ganz wo anders in Tokyo die „Treppe in die AniManga-Unterwelt“. Diese findet sich in Shibuya, wo man es gar nicht erwarten würde. Hierzu verlasst ihr den äußerst verwirrenden Riesenbahnhof am Hachiko-Ausgang, also dort, wo der berühmte Bronze-Hund sitzt – aber NUR dort, sonst seid ihr verloren! Wer ein Handy-Navi hat, das hier funzt, der gibt jetzt einfach Tokyo-Shibuya-Mandarake in der Inokashira Dori ein. Ansonsten hilft diese Karte (es soll der Marker C sein, ist aber etwas ungenau - müsst noch weiter der Inokashira Dori folgen). Der Eingang sieht so aus. Rechts auf der anderen Straßenseite ist Tokyo Hands, das unglaubliche Haushaltswarenkaufhaus, das auch einen Besuch wert ist.
Nun geht es in die Unterwelt. Nach dem Eingang folgt einfach eine Treppe nach unten, die eher nach einer Schmuddeldisko, als nach einem Geschäft aussieht. Unten angekommen erwarten einen meterlange Regale mit allem, was das Herz in Freude versetzen kann. Und zu allem Überfluss zu echt fairen bis unfassbar günstigen Preisen! Dort fand ich auch meine lang ersehnte Fafner-Box, sowie ganz viele Freunde aus der Animewelt, die nun mein Regal zieren.^^