09. Oktober – 19:34 Uhr - Kōchi
Cale war empört. Diese Personen würden ihm nichts sagen, auch wenn sie etwas wüssten. Also überlegte er. Wo könnte er hin, um Informationen zu erhalten? Zur Polizei? Mitnichten, die würden ihm nur dass weismachen, was er durch die Fernsehberichte ohnehin schon in Erfahrung gebracht hatte. Was konnte er also machen? Sein Magen rebellierte. '5000 Yen sind eindeutig zu wenig, wenn ich ausreichend essen will und dann noch vorhabe, angenehm zu schlafen. Vielleicht sollte ich jemanden suchen, der meine Interesse teilt, oder was denkst du, Kamari? Sollen wir ein paar Amateure, die armen Bürgern Geld abknöpfen, belehren? Suchen wir Glücksspieler!' Nach einer kurzen Zeit wand er den Kopf nach rechts, wo er eine düstere Gasse erblickte. Unauffällig bog er ein. Dort stand eine Gruppe aus sechs Personen, wie es oft für Hütchenspieler üblich war. Einer davon war natürlich das Opfer. Die restlichen fünf teilten sich verschiedene Aufgaben und, das aber erst wenn das Opfer weg war oder sie aufflogen, auch das Geld.
Da es ein illegales Glücksspiel war, brauchten sie einen Wächter oder Wachmann.
Ein solcher muss nach der Polizei oder neuen Opfern suchen. Trotz seiner, im Vergleich zur Gruppe, relativ bulligen Gestalt war er ein sehr charismatischer Mensch, einer, wie man sich ihn als Nachbarn wünscht. Wenn er nicht so verdorben wäre. Aber so war die gesamte Truppe.
Dann gab es da auch den Gewinner.
Unauffällig, aber er zeigt dem Opfer, dass das Spiel einfach zu gewinnen ist. Er setzt viel, und gewinnt das Vielfache, immer und immer wieder, bis er nach fünf Runden, wie es hier der Fall war, den Nächsten der Gruppe mal probieren ließ.
Den Verlierer.
Er war der wohl beste Schauspieler der Gruppe, er musste jede erdenkliche Emotion sofort spielen können, je nach dem, wie man das Opfer einschätzte. Er war für das Selbstbewusstsein und die damit verbundene Überheblichkeit des Opfers zuständig. Indem er immer das offensichtlich Falsche tippte, was das Opfer natürlich immer richtig vorhergesagt hatte und oft auch seinen Rat ausschlug, um dann zu sagen, dass er doch besser sei und es doch versuchen sollte.
Der Trickser oder Hütchendreher, wie Cale ihn nannte, war neben der Schauspielerei, die er beherrschte auch oft ein überragender Handwerker, meistens gescheiterter Uhrmacher oder ähnliches. Er konnte die Kugel, die unter den Hütchen war, ohne Probleme in seinem Ärmel verschwinden lassen, sodass selbst geübte Augen Schwierigkeiten hatten, diesen Punkt zu sehen oder mit dem Wissen irgendetwas anzufangen.
Dann war da natürlich auch der Boss.
Dieser war öfter weiblich und, neben bei bemerkt, verdammt hübsch in diesem Fall, animierte das Opfer zusätzlich, organisierte die Prozedur, erhielt das Geld nach jeder Runde unauffällig und konnte damit auch am besten fliehen, da sie meist die Stadt am besten kannte. Falls alles glatt lief, bekam sie eine Hälfte des Erlöses und der Rest der Gruppe musste sich die andere Hälfte teilen. Dafür hatte der Boss Kontakte, welche sie und ihre Jungs aus jedem Gerichtsverfahren raus boxten.
Das ganze lief schnell ab, da das Opfer, ein untersetzter Mann mit leicht grauem Haar, das sich im Ansatz schon lichtete, sofort fast alles setzte und dann betrübt und gebrochen das Feld verließ. Er war einer von denen, die immer wieder kamen, eine sichere Quelle für die Glücksspieler.
Ohne groß zu überlegen, ging Cale stracks auf sie zu und bat sie um ein Spiel, das fair ablaufen sollte, da er etwas hatte, was sie nicht hatten. Erfahrung. Sie lachten ihn aus, versuchten ihr Spiel. Bevor sie damit begannen, setzte er alle 5000 Yen die er hatte. Sie versprachen ihm das fünffache, und legten ihm 25000 Yen auf den Tisch. Es ging ganz schnell, denn der Hütchendreher war entschlossen, Cale das Geld abzunehmen. Dabei machte er einen Fehler, für den er aber nichts konnte. Er vergaß, die Kugel in den Ärmel zu stoßen. Jeder Laie bis Hobbyspieler wäre vollkommen durcheinander, Cale starrte auf die extrem schnell rotierenden Schalen, von denen eine die Kugel beinhielten. Ohne Probleme konnte er sagen, dass die Kugel in der von ihm aus rechts stehenden Schale lag, und nahm das Geld an sich. Verdutzt schlugen sie nicht auf ihn ein, wie er erwartet hatte, sondern auf den Dreher, welcher ihr gesamtes Geld des heutigen Tages verloren hatte. Cale machte sich aus dem Staub, ließ Kamari aber unauffällig noch einen kleinen Lederbeutel mitgehen, welcher ein paar Edelsteine in sich verbarg, wie Cale kurz darauf heraus fand.