Die Narita-Scheidung

  • Ein in Japan geläufiger Begriff, der auf die Scheidung anspielt, ist „Narita-Scheidung“ (成田離婚, Narita rikon). Eine bei japanischen Jungvermählten häufig direkt auf die im Ausland verbrachten Flitterwochen erfolgende Reaktion, weil die Paare oft zum ersten Mal abseits des Alltagslebens und der heimischen sozialen Kontrolle längere Zeit „aufeinanderhocken“ und dabei feststellen, dass sie doch nicht zusammenpassen.

  • Höhö ich finds faszinierend, wie viele Probleme die Japaner mit sozialer Nähe außerhalb von gesellschaftlichen Kontrollmechanismen haben. So eine Scheidung nach den Flitterwochen gibts bei uns bestimmt auch, aber nicht so häufig, dass es einen eigenen Begriff verdient.
    Aber das ist wohl auch eine unvermeidliche Konsequenz, wenn mal so drüber nachdenkt. Sie sind ja im Grunde nicht wirklich gezwungen sich zu verheiraten, auch wenn die Familie und Gesellschaft darauf drängt. Sie können trotzdem noch nein sagen.
    Deshalb haben sie ja auch die Wahl sich wieder scheiden zu lassen. In diversen arabischen Ländern wäre dies nicht so einfach möglich.


    Trotzdem gibts noch die Heiratstreffen, die von den Eltern arrangiert werden und auf die die Kinder oft wenig Einfluss haben. Der soziale Druck ist dann so hoch, dass die Kinder der Heirat zustimmen, obwohl sie ihren Partner vielleicht erst ein paar Mal gesehen haben und nie mehr als einen Tag alleine, wenn überhaupt, mit ihm zusammen waren.


    Das es dann viele Scheidungen gibt, ist wirklich nicht verwunderlich. ^^

  • Die andere Moeglichkeit, von der ich gehoert habe, ist die Scheidung, wenn der Mann in den Ruhestand geht.
    Die Frau wundert sich ploetzlich, wer dieser nervende Typ ist, der ihr den ganzen tag ueber im Weg sitzt.
    Da dieser sonst ja immer den ganzen Tag arbeiten war, ist sie es nicht gewoehnt, den Kerl die ganze Zeit da zu haben.
    Dies fuehrt dann auch oft zur Scheidung, weil sie eigentlich nichts mehr miteinander gemein haben.

  • Unter anderem.
    Da gibts allerdings noch eine noch weniger tolle Variante.


    In Japan ist es so: Heirat bedeutet meist auch, dass die Frau aufhört zu arbeiten, um "Hausfrau" zu werden. Dann stehen Kinder auf dem Plan und sobald die da sind, braucht man Platz. Also muss ein neues Haus finanziert werden. Nicht nur aus praktischen Gründen, sondern auch dem Status wegen.
    Da aber die Frau kein Geld mehr verdient, kann nur der Mann dafür einen Kredit aufnehmen, wodurch er dann meist einen Haufen Schulden macht.


    Verliert er dann seinen Job, hat die Scheidung nur noch wenig mit "Na nu wer ist denn der faule Sack?" zu tun, sondern eher mit "Bevor du mich und meine Kinder in den Ruin reißt, geh ich wieder zu meinen Eltern und kann dort ohne Schulden leben! Ich bin noch jung, eine weitere Heirat ist noch möglich!" zu tun. (Die Frauen haben in Japan das alleinige Sorgerecht.)
    Die Schulden liegen komplett beim Ehemann, weswegen eine Scheidung eher eine Maßnahme zur Existenzsicherung ist. Für den Mann ist solch ein Verlust des Jobs und der Familie die größte Schande. Oft hält er das geheim, solange er kann.


    Deswegen soll es übrigens auch so viele gut gekleidete Obdachlose mit Aktenkoffer in Japan geben. Das sind noch ihre Geschäftsklamotten, die sie behalten durften, während alles andere zum Teufel ging.