[Geschichte] Angel Beats! Again

    • Offizieller Beitrag

    [Takeshi Okamura]
    11:26 Uhr – Gelände der Schule – Zwischen Schulgebäude (1) und Turnhalle (8)

    Wer auch immer diese Welt angelegt hatte, räumte der Natur einen angenehm großen Stellenwert ein. In Richtung auf die Sporthalle gab es neben dem Schulgebäude einen bewaldeten Bereich, der neben Bäumen auch Buschwerk aufwies und damit einen guten Sichtschutz darstellte. Takeshi freute sich auf die Möglichkeit etwas trainieren zu können und wollte deswegen möglichst wenig Zeit auf den Weg aufwenden. Die Pause würde in knapp zwei Minuten beginnen, da würde er dann noch einmal aufpassen müssen, ob Schüler auch in diesen Bereich kamen.
    Soweit er gestern beobachtet hatte, hielten sich die Meisten der Schüler, die ihre Pause im Freien verbrachten, vor dem Schulgebäude, auf der großen Treppe und in dem kleinen Säulenbau, der auch Bänke zum sitzen besaß, auf.
    Sollten sie doch auch den Schatten der Bäume benutzen, würde er weiter nach Norden in den Bereich neben dem Schwimmbad ausweichen müssen.

    [Hayato Akuma]
    Es war schon ziemlich komisch, dass der Schülerratspräsident einfach so ins Unterholz abgebogen war.
    „Hat er da seinen brennenden Busch, an dem er seine Befehle erhält?“ dachte er mit spöttisch verzogenen Mundwinkeln. Was auch immer der Gott dieser Welt den unfreiwilligen Insassen antun wollte, er musste seinen Handlangern ja irgendwann Befehle erteilen!
    Die Lehrer waren hier wohl nur Marionetten, die monoton ihre Aufgaben erfüllten. Aber dieser Schülerratspräsident und seine Vertreterin waren etwas anderes.
    Hayato wusste nicht, ob dieser grünäugige Mistkerl auch so etwas wie Hypnose einsetzte, wie ihm das bei dem Streifenhörnchen mit den Ohrringen aufgefallen war.
    Dass er die anderen noch nicht zu einer Gruppe hatte verbinden können wurmte ihn noch zusätzlich. Wenn es hier eine Chance geben sollte, dass sie diesem Schulfluch entkommen konnten, dann war es nur möglich, wenn alle auf dieses Ziel hin arbeiteten.
    Leider schienen alle ihre eigenen Ziele zu verfolgen.
    Nachdem er heute Morgen einen Lauf am Ufer des Flusses entlang absolviert hatte, war er auch im Büro des Direktors gewesen. Dieses war noch genauso gewesen, wie sie es verlassen hatten. Durch den Zutrittscode würde auch niemand ohne Schwierigkeiten dort hinein gelangen können. Allerdings war das Fenster wieder heil und alle Blutspuren verschwunden gewesen.
    Um die anderen überzeugen zu können, musste er unbedingt ein paar Beweise in die Finger bekommen…

  • [Ibuki Nukui]
    Tag 2 - 11:26 Uhr - Schulgebäude - Sanitätsraum


    Als das Mädchen den Raum betrat, spürte man förmlich die Spannung, die zwischen ihnen bestand.
    Mit einem kalten Blick fragte die Schwarzhaarige :"Was willst du hier? Du siehst nicht so aus, als würde dir etwas fehlen."
    Um ihr nicht sofort ins Wort zu fallen, ballte Ibuki ihre Hände zu Fäusten und biss sich leicht in die Innenseite ihrer linken Wange. Die Kleine begab sich, langsam und ihren Blick nicht von Ibuki wendend, zu einem Tisch in der Ecke des Raumes. Nach einem weiteren eisigen Blick erklärte sie gelassen: "Wenn du nichts brauchst, würde ich dich bitten zu verschwinden."
    Langsam ging Ibuki die Art dieses Mädchen gehörig auf die Nerven, weshalb sie anfing sich noch stärker in die Wange zu beißen. Ibuki fiel es furchtbar schwer, jetzt nicht aufzuschreien und dem Mädchen in allen Einzelheiten zu erklären, wie falsch sie lag. Und das sie niemals wieder auch nur daran denken sollte, ihr so respektlos gegenüber zu treten. Doch wie vorhin war ausrasten und herum zu schreien der falsche Weg.
    Nach ein paar Sekunden hatte sich Ibuki wieder genug beruhigt, um dem Mädchen in einem normalen Ton zu antworten.
    "Alles klar, bleib ganz ruhig. Ich würde liebend gern von hier verschwinden, aber es gibt zwei Sachen, die mich davon abhalten, das zu tun."
    Mit einiges an Überwindung konnte sich Ibuki zu einem Lächeln zwingen, welches nicht aussah, als wolle sie ihr Gegenüber auffressen.
    "Zum Einem hätten wir da meinen Freund Leo hier, mit seinem doch recht starken Sonnenbrand. Er wird sich unmöglich alleine behandeln können, also müssen wir entweder eine Schwester finden oder ich muss ihn selbst pflegen. Zum anderen muss ich mich noch mit dir unterhalten. Alleine." Mit ihrer rechten Hand zeigte sie über ihre linken Schulter auf die geschlossene Tür und signalisierte ihr deutlich, dass sie mit ihr gehen soll.
    Ohne sie antworten zu lassen, zuckte sie verständnisvoll mit den Achseln.
    "Mir ist schon klar, dass du nur wenig Grund hast mir zu vertrauen, es ist aber äußerst wichtig. Ich werde erst gehen und dich in Ruhe lassen, wenn du mir diese beiden Gefallen erfüllst." Nach einer kurzen Pause fügte sie verwundert hinzu, "Darüber hinaus, wieso sollte ich eigentlich verschwinden? Wie gesagt, ich verschwinde liebend gern von hier, aber weshalb tust du so, als wärst du hier der Big Boss und dürftest bestimmen wo ich mich aufhalten darf und wo nicht?"

  • [Leo Leopold]
    Tag 2 - 11:25 Uhr - Schulgebäude - Sanitätsraum


    Unter Schmerzen durchwühlte Leo die übervollen und kalten Schränke und Kisten im Sanitätsraum. Seine Haut schien langsam abzublättern, was Leo nicht nur als eklig, sondern auch als unangenehm empfand. Ihm fiel während einiger hastiger Blicke auf, dass Ibuki nichts tat außer rumzustehen, was ihn herzlich wenig störte. Als sich Leo erschöpft nach einigen Sekunden wieder umdrehte, sah er das mysteriöse Mädchen auf einem der gemütlichen Betten liegen. Dadurch fing Leo an sich vorzustellen wie es wäre, mit Ibuki, dem aufregenden fremden Mädchen, zu kuscheln. Durch diesen Gedanken wurde Leo noch roter als er ohnehin schon war und suchte aus Reflex in seiner Schüchternheit noch eifriger nach einer Salbe.
    Da sein Sonnenbrand immer noch unbehandelt war, riss ihn der stechende Schmerz aus seiner Fantasie. Jedoch hörte er während des Durchwühlens der Schränke jeden ihrer leisen und regelmäßigen Atemzüge. Der Schmerz und die Gedanken an Yukiko und Ibuki ließen ihn träumend weiter suchen, so dass er gar nichts mehr in seinem wirren Kopf hatte, außer kühlende, wohltuende Salben und süßen Mädchen.

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    7 Mal editiert, zuletzt von Soulshadow () aus folgendem Grund: Rechtschreibung

  • [Yukiko Sakamato]
    11:27 Uhr – Gelände der Schule – Sanitätsraum


    Angesichts der Reaktion, die ihre Mörderin zeigte, konnte Yukiko nicht anders, als ihre Augenbrauen in Erstaunen nach oben wandern zu lassen. Die Art, wie sie mit ihr umging, schien dieser nicht wirklich zu gefallen, wie an den geballten Fäusten mehr als ersichtlich war. Da es beabsichtigt war, kümmerte es sie recht wenig. Allerdings blieb auch die Freude, ihr Ziel erreicht zu haben, aus. Selbst das schien diese merkwürdige Kälte betäubt zu haben.


    Noch immer ohne Gefühlsregung erklärte sie:
    "Der Schülerpräsident hat mir für die kommende Woche die Verantwortung für den Krankendienst übertragen. Je nach dem welchen Standpunkt man einnimmt, könnte man also durchaus sagen, dass ich, wie du es ausgedrückt hast, der Big Boss bin. Allerdings ist das wohl eher weniger von Bedeutung. Die Tatsache, dass du mich völlig beabsichtigt umgebracht hast ist bedeutend wichtiger. Der Gedanke, sich freiwillig in der Gesellschaft einer Mörderin aufzuhalten, kommt mir äußerst merkwürdig vor. Ich will dich nicht hier haben. Ich will nicht mit dir reden und ich will, dass du mich einfach in Ruhe lässt."
    Sie machte eine Kunstpause, die kurz genug war, um nicht unterbrochen zu werden.
    "Natürlich kann ich dich zu nichts zwingen. Deswegen habe ich dich auch gebeten zu gehen, falls du das nicht richtig mitbekommen haben solltest."


    Dann wandte sie sich von ihr ab, sah Leo entschuldigend an und ging zielstrebig zu einem der Schränke. Weil sich das Gesuchte so weit oben befand musste sie sich auf die Zehenspitzen stellen, um ihn öffnen zu können und sich dann noch einmal zusätzlich wie bekloppt strecken, um an die Salbe zu kommen, die Leo helfen würde. Seltsamerweise blockierte die Kälte nicht die Schamgefühle, die ihr kleiner Größenkomplex hervorrief, was ihre Wangen leicht rötete. Sie gab Leo die Salbe und sagte:
    "Einfach die gereizten Stellen Eincremen und es sollte recht schnell wieder besser werden."
    Halb an ihre Mörderin gewandt erklärte sie weiter:
    "Das Informationssystem der Schule scheint mich als Krankenschwester anzuerkennen. Wenn irgendwas noch sein sollte, bin ich mir sicher, dass ich weiß, was du benötigen wirst, Leo-kun."

  • [Ibuki Nukui]
    11:27 Uhr – Gelände der Schule – Sanitätsraum


    Als das Mädchen anfing sie von oben herab in diesem gefühllosen Ton zu belehren, schlug Ibukis Herz vor Rage wie wild. Sie konnte es auf den Tod nicht ausstehen, wenn eine Person sich für mehr als einen normalen Menschen hielt und diese tote, verachtenswerte Stimme nutzte. Wie auch der grünäugige Junge vom gestrigen Tag verhielt sie sich wie ein Gott, nur weil sie einen kleinen, erbärmlichen Vorteil hatte. Es grenzte an ein Wunder, dass Ibuki stehen blieb und nur mit den Zähne knirschte. Ihre Fäuste so stark ballte, dass die Knöchel weiß hervortraten und wutentbrannt schnaubte.
    Als das Mädchen fertig war mit ihrer Erklärung und Leo die Creme gegeben hatte, konnte Ibuki sich nicht mehr länger zurückhalten.
    "Leo!" schrie sie durch den Raum, während sie sich auf den Weg zur Schwarzhaarigen machte und sie mit einem glühend heißen Blick durchbohrte. Dabei verfiel sie in eine Art Tunnelblick und sah nichts mehr als dieses Mädchen und ihre unbändige Wut auf sie. Ihr Herz schlug beinahe jede Sekunde und ihr Verlangen, diese Möchtegern-Schwester gepflegt in eins der Regale zu schmettern, wuchs mit jedem Schritt.
    "Mach dich ab, ich kann für nichts garantieren!" Zwar schrie sie Leo an, doch blickte sie ihn vorerst nicht an. Als sie sich dann zu ihr umdrehte, sah sie Leo an, welcher auf einer Art und Weise drein blickte, wie sie es schon so oft gesehen hatte und sonst auch genoss. Er wirkte vollkommen panisch und erschrocken über das, was das Mädchen so lauthals hinausposaunt hatte oder wie Ibuki auf sie zuging.
    "Verpiss dich!" schrie sie ihn noch lauter an als vorhin. Diese Schnepfe hatte ihr alles versaut. Und dass sie keine Ahnung hatte oder nur die Wahrheit sagte linderte Ibukis Zorn in keinem Maße.
    Als sie vor dem rund 10cm kleineren Mädchen ankam, baute sie sich über ihr auf und schlug mit all ihrer Kraft zu.


    Ihre Faust landete rund 2cm von dem Ohr des grünäugigen Mädchens entfernt in der Wand. Den Schlag hatte Ibuki nicht gehört, nur den Rhythmus ihres kochenden Blutes, welches ihr durch die Ohren sauste. Auch den Schmerz bekam sie nur teilweise mit. Gebückt sah sie der Kleinen direkt in die Augen und fesselte sie mit einem Blick, der keinerlei Widerspruch duldete.
    Mit einer recht leisen, aber nicht weniger zornigen Stimme fauchte sie: "Hör zu, Missy! Wenn du es unbedingt willst, das ich dir wieder deinen verdammten, kleinen Hals breche, dann sag es ruhig, ich bin jederzeit bereit. Aber komm mir niemals wieder mit diesen beschissenen 'Ich bin Perfekt'-Ton. Und wenn ich dir anbiete, ganz friedlich und ohne jeden gottverdammten Hintergedanken mit dir zu sprechen, dann solltest du das auch verdammt nochmal annehmen."
    Nach dieser Belehrung musste sie ein paar Mal kräftig durchatmen, wobei sie dem Mädchen mehrmals ins Gesicht schnaubte.
    "Ich weiß nicht wieso, aber aus irgendeinem Grund habe ich, seitdem ich dich getötet habe, die fürchterlichsten aller Alpträume. Ich hab nicht einmal ruhig durch schlafen können und bin jedes mal schweißgebadet aufgewacht. Möglicherweise trägt mir diese Welt meine Tat nach und will vielleicht, dass ich das irgendwie wieder gutmache. Und hier kommst du ins Spiel. Ich kann mich nämlich bei dir so oft entschuldigen, wie ich lustig bin, es bringt aber bestimmt nichts solange du es nicht annimmst."
    Sie knirschte mit den Zähnen, blieb jedoch wie ein massiver Golem stehen. Mittlerweile machte sich der Schmerz nun doch breit und Ibuki war sich sicher, dass sie sich gerade zahlreiche Finger gebrochen hatte. Die zerbrochenen Fliesen hatten ihr außerdem die Hand aufgerissen, weshalb nun ihr Blut anfing die Wand hinunter zu rinnen.
    "Ich mache dir ein Angebot und du sagst, was du davon hältst. Ich werde zum einen dich und all deine Freunde in Ruhe lassen. Und denk jetzt nicht, dass ich mit jedem von euch ganz Dicke werde will. Das will keiner von uns, aber ich werde keinen von deinen Freunden und dich mehr verletzen. Zum anderen..."
    Sie musste kurz schlucken, bevor sie weiter sprechen konnte, "...zum anderen helfe ich dir bei was auch immer du willst. Also wenn dir mal ein Junge näher kommt als dir lieb ist oder du sonst wie in einer misslichen Lage steckst, dann ruf mich. Aber behalte dabei im Hinterkopf, dass ich das nicht mache, weil ich dich ach so gerne mag oder weil ich ach so sehr möchte, dass wir BFF's werden. Es geht hierbei nur darum, dass ich nicht den Verstand verliere, während wir hier sind. Denn wenn deine liebe Freundin mit der Mörderoberweite recht hat, besteht diese Hölle nur aus diesem Schulgebiet. Somit gibt es keine Verstecke und keine Rettung. Alles was du tun kannst ist, die Zeit hier so angenehm wie möglich zu gestalten. Haben wir uns verstanden?"

  • [Leo Leopold]
    11:27 Uhr – Gelände der Schule – Sanitätsraum


    Leo hielt inne nachdem er Yukikos Worte aufnahm. Er war geschockt, konnte keinen Finger rühren. Zitternd schloss er die Augen. 'Sie will mich töten, deshalb spielt sie mit mir. Töten!' dachte sich Leo und ihm wurde speiübel. Durch seinen Sonnenbrand erkannte man nicht, wie bleich er wurde. Als er nun plötzlich leichte Schritte auf sich zukommen hörte, dachte er sich panisch 'Es ist nicht Ibuki, es ist nicht Ibuki. Sie tötet mich nicht, nein!'.
    Leo stand an diesem einen Schrank und krallte sich an einer Ablage fest, so stark, dass seine Finger schmerzten. Sein Sonnenbrand war auch noch da und Leo musste seinen Schmerz kämpfend herunter schlucken. Auf einmal hörte er Yukiko zuversichtlicher und selbstbewusster als je zuvor, sagen "Einfach die gereizten Stellen eincremen und es sollte recht schnell wieder besser werden." sie hielt kurz inne und fuhr fort. "Das Informationssystem der Schule scheint mich als Krankenschwester anzuerkennen. Wenn irgendwas noch sein sollte, bin ich mir sicher, dass ich weiß, was du benötigen wirst, Leo-kun.". Diese Worte entspannten Leo soweit, dass er seine festgekrallten Finger lösen konnte. Er nahm die Salbe an und sah Yukiko an. Sein Kopf drehte sich ganz langsam und sein Blick sagte 'Tod und Verderben ist nah.'.


    Den Tränen nahe, versuchte Leo, dass alles als Missverständnis hinzustellen. Doch bevor er etwas tun oder sagen konnte, meldete sich Ibuki zu Wort "Leo!" Ehe er sich versah, fand Leo sich auf dem Boden wieder, hyperventilierend. Seine Knie schmerzten und hatten ihn nicht mehr tragen können. Er war schnell zusammengekracht, sodass der Aufprall noch deutlich spürbar war. Sein Gesichtsausdruck veränderte sich schlagartig zu einer schmerzerfüllten Fratze, die nun zum Himmel ragte. Als ob dies nicht genug wäre, fuhr Ibuki fort "Mach dich ab, ich kann für nichts garantieren!". Aus Panik begab sich Leo in eine Embryonalstellung, in der er nicht mehr sehen musste was passiert. "Verpiss dich!" folgte von Ibuki. Leo verkrampfte sich nun komplett in seiner Haltung. Komplett isolieren konnte sich Leo jedoch nicht, er hörte noch genau die nächsten Worte Ibuki's "Hör zu, Missy! Wenn du unbedingt willst, das ich dir wieder deinen verdammten, kleinen Hals breche, dann sag ruhig, ich bin jederzeit bereit.".
    Nun verfiel Leo völlig der Verzweiflung und Angst. Er bekam gerade das Geständnis für den Mord an Yukiko mit. Sein Sonnenbrand wurde nun schon heller, da er so bleich wurde, dass der Sonnenbrand nicht einmal mehr weh tat. Langsam kämpfte er sich wieder auf die Beine und sah Ibuki an. Sein Blick sagte, 'Einer von uns stirbt jetzt'. Seine Gedanken sagten ihm 'halt sie auf?'. Sein Herz sagte ihm jedoch 'Lass es sein, du magst sie doch. Kläre das jetzt, wie du es sonst auch tun würdest!'.
    Er merkte das Ibuki aufgehört hatte zu reden. Jede intensive Lippenbewegung beobachtete er. Jedes Blinzeln und Fältchen durch das Schreien. Alles bemerkte er. Langsam und bedrohlich näherte er sich Ibuki und stellte sich zwischen beide Mädchen. Sein innerer Konflikt war noch immer nicht bezwungen, jedoch plusterte er sich vor Ibuki auf und sah ihr mit einem gefährlichen und doch ängstlichen Blick in die Augen.
    Seine Gedanken und Gefühle fingen an, ihn zu verunsichern. Keineswegs wollte er jemanden verletzen oder gar töten. Davor fürchtete er sich mehr als davor selbst zu sterben. Jedoch könnte es sein, dass Yukiko starb, wenn er nicht eingriff. Plötzlich bemerkte er das Blut an Ibuki's Hand. Geschockt hielt er inne und sah Yukiko besorgt an. 'Gott sei Dank, es geht Yukiko gut!' dachte er sich beruhigt. Dadurch, dass sein Blick in Richtung Wand gerichtet war, bemerkte er die absplitternden Fliesenteile, an welchem Blut herab floss. Leo fiel immer mehr in einen tranceähnlichen Zustand, in dem er nicht mehr zwischen Richtig und Falsch unterscheiden konnte. Er ballte seine Faust zusammen und holte aus. Jedoch blieb seine Hand hinter seinem Kopf zitternd stehen. Nun konnte man jede Vene sehen, die Leo an seinem Hals und seinem Arm besaß.
    'Stopp! Hör auf, das bin nicht ich!' schoss es ihm durch den Kopf. In der nächsten Sekunde dachte er sich wiederum 'Halte sie auf!'
    Auf einmal wurde Leo schwindelig und sein tranceähnlicher Zustand wurde stärker. 'Yukiko oder Ibuki, wen beschütze ich denn nun?' war sein letzter Gedanke bevor er von Schmerz durchströmt aufschrie, sein ganzer Körper schwach wurde und sein Blick sagte 'Es ist vorbei!'. Er sank zu Boden, mit dem Gefühl, von vier Händen gehalten zu werden.

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  • [Yukiko Sakamato]
    11:28 Uhr – Gelände der Schule – Sanitätsraum


    Seitdem sie ihren ersten Schritt in den Raum gesetzt hatte, hatte sie nur auf diese Reaktion von ihr gewartet. Sie sah die Bewegung in ihrer Schulter noch bevor der eigentliche Schlag kam, weswegen sie auch gar nicht erst versuchte auszuweichen. Sie wusste, dass er nicht treffen würde. Deswegen zuckte Yukiko noch nicht einmal zusammen, als das Pfeifen und Krachen direkt neben ihrem Ohr vernahm. Trotzdem war ihr bewusst, dass solch ein Treffer verheerend gewesen wäre. Wahrscheinlich hätte sie danach nicht einmal mehr stehen können. Eine erneute Kältewelle durchzog sie, während ihr Herz weiterhin raste und gegen das eisige Gefängnis ankämpfte.
    Unfähig sich zu bewegen entgegnete sie ihrem Blick und wartete bis sie mit ihren Ausführungen durch war. Sie ignorierte ihre Beleidigungen und die Anmerkungen bezüglich ihres Tons. Sie war weder perfekt, noch war sie arrogant. Sie durfte nur keine Emotionen in ihre Stimme lassen, weil ein Zusammenbruch sonst nicht fern war. Das war der einzige Selbstschutz, der ihr gerade zur Verfügung stand.


    "Ich glaube dir voll und ganz, dass du jederzeit bereit bist mir den Hals um zudrehen. Wahrscheinlich gibt es kaum etwas, dass du in diesem Moment lieber machen würdest. Und ich glaube kaum, dass ich dich irgendwie aufhalten könnte. Aber weißt du was? Das ist harmlos. Zuerst dachte ich, dass es kaum etwas Schlimmeres geben würde, als unendlich oft sterben zu können. Nur warst nicht du der Grund, sondern mein eigenes Leben. Im Gegensatz zu dem, was ich hier in nur zwei Tagen erlebt habe, ist es die Hölle gewesen. Und auch nicht diese Welt. Sie ist nur so böse, wie du sie gestaltest, oder gestaltet hast.
    Zweitens ergeht es mir genauso wie dir. Ich habe die Nacht nicht geschlafen, weil ich die Momente meines Lebens wieder durchlebte, die ich nur vergessen will. Fehler, die ich begangen habe, weil ich einer gewissen Person immer wieder vergeben habe, kosteten wahrscheinlich unzähligen Menschen das Leben. Und ich bin Schuld daran. Ich werde es nie wieder gut machen können. Jegliche Chance mich zu rehabilitieren habe ich mir selbst genommen und der Nagel in meinem Sarg wurde am Ende von den Leuten gesetzt, die ich hätte retten können. Ich weiß nicht woher du Idee bekommst, dass ich mich für perfekt halte. Das tue ich nicht. In der Tat bin ich wahrscheinlich noch verachtenswerter als du."
    Jetzt musste sie selbst schlucken, um nicht die Nerven doch noch zu verlieren, als all die Bilder sich vor ihrem geistigen Auge abspielten.
    "Glaubst du wirklich, dass du dich für einen Mord entschuldigen kannst? Vielleicht. Aber ich glaube es nicht. Wie könnte ich deine Entschuldigung also jemals wirklich annehmen?"
    Sie straffte ihre Schultern. Der nächste Satz galt nicht nur für ihre Mörderin, sondern auch für sich selbst.
    "Tut mit leid, aber du wirst mit deinen Taten leben müssen. Selbst wenn du mich mit der Sicherheit meiner Freunde erpresst, wird sich daran nichts ändern. Tröste dich mit dem Umstand, dass du mir nur ein paar Albträume und etliche Stunden fehlenden Schlafs beschert hast. Der Tod in dieser Welt zieht nur wenige Konsequenzen nach sich. Leider.
    Und nur damit es dir bewusst ist, werde ich mich bei deinem nächsten Angriff..." Doch den Satz konnte sie nicht mehr zu Ende führen, weil sich Leo zwischen die beiden schob. Yukiko war so konzentriert auf ihr Gegenüber gewesen, dass sie ihn die letzte Minute über nicht einmal mehr wahrgenommen hatte. Umso beunruhigender war seine plötzliche und durchaus wacklige Erscheinung. Er baute sich vor Ibuki auf und holte zum Schlag aus. Ihre Augen weiteten sich in Sorge. Doch bevor sie begriff, was geschehen würde, sah er sich zu ihr um und ihre Blicke kreuzten sich. Angesichts seiner Blässe stockte ihr der Atem. Ihm ging es schlecht.
    "Leo-kun, du brauchst nicht..." Sie unterbrach sich selbst, als er darauf in sich zusammensackte. Da er seine Faust noch zum Schlag angehoben hatte, lag der Schwerpunkt seines Körpers so, dass er nach hinten, geradewegs auf Yukiko zu kippte. Sie stieß einen zugleich erschrockenen und besorgten Schrei aus, während sie versuchte ihn aufzufangen. Jedoch war er zu groß und schwer für sie, sodass sie drohte von ihm mitgerissen zu werden.

  • [Ibuki Nukui]
    11:28 Uhr – Gelände der Schule – Sanitätsraum


    Ibuki hatte gehofft, dass sie das Mädchen einschüchtern kann, wenn sie nur aggressiv genug vorgeht. Deshalb auch dieser Beweis ihrer Stärke und ihres Willens. Aber ganz ohne Effekt schien ihr Schlag nicht gewesen zu sein. Sie behielt zwar den von ihr so verhassten Ton bei, doch ihre Sätze wurden um einiges menschlicher, als sie anfing über sich selbst zu reden.
    'Ziemlich egoistisch, wenn man es genau nimmt. Nur wenn sie über sich selbst redet, verhält sie sich nicht wie ein Gott unter Sterblichen.' dachte sich Ibuki, während ihre Lippe kurz nach oben zuckte.
    Als die Schwarzhaarige ihr anfing zu erklären, was sie bei einem weiteren Angriff von Ibuki machen würde, spitze sie die Ohren. Doch sie brach mittendrin ab und sah zur Seite, worauf hin sich Ibuki in dieselbe Richtung umdrehte. Vor ihr stand Leo, der mit erhobener Faust und panischem Gesicht zum Schlag ausholte. In Ibukis Gesicht vermischten sich Wut und Entsetzen, doch ungeachtet dessen machte sie sich bereit dem Schlag auszuweichen und mit ihrem eigenen Hieb nachzulegen. Sie versuchte ihre Faust aus den zerbrochenen Fliesenscherben zu nehmen, aber durch die Bewegung fing der Schmerz an sich immens zu steigern. Es wurde so schlimm, das Ibuki die Hand einfach nicht von der Wand weg bekam. Es kostete sie ein paar Sekunden, bis sie wieder klar denken konnte.
    Als sie sich wieder auf Leo konzentrierte, sah sie wie er auf das Mädchen fiel und diese von ihm mitgerissen zu werden drohte. Ibuki packte Leo mit ihrer linken, nicht verletzten Hand bei der Schulter und hielt ihn zusammen mit der Grünäugigen aufrecht.
    Sie wartete ein paar Sekunden um sicher zu gehen, dass er nicht fiel und das Mädchen sich richtig hinstellen konnte, um ihr beim Halten helfen zu können. Ihre rechte Hand hatte sie instinktiv versucht zu benutzen, aber mehr als eine Klaue konnte sie einfach nicht formen, weshalb diese nun ohne Nutzen Leo ungefähr vor dem Bauch hing.
    "Ich werde ihn tragen, du bist viel zu schwach und klein dafür." erläuterte Ibuki gereizt. Zwar fiel ihr noch immer schwer sich einzugestehen, dass sie diese Diskussion mehr oder weniger verloren hatte, aber wenigstens konnte sie sich darauf verlassen stärker als sie zu sein. Sie begab sich zu Leos Rechten, schlang sich seinen rechten Arm hinter den Necken und hielt ihm mit ihrer verletzten rechten Hand unter fürchterlichen Schmerzen fest. Doch Ibuki wollte nicht wie ein Schwächling dastehen, weshalb sie sich wieder in die Wange biss und den Schmerz ertrug. Mit ihrer Linken griff sie ihm hinter seinem Rücken unter den Arm, während sie einen Großteil ihres Gewichts nach Rechts verlagerte, um nicht um zufallen.
    Leo tragend, sah sie wieder das Mädchen an und fragte:
    "Was hast du vorhin nochmal gesagt? Das mit dem Leute umbringen meine ich." Ibuki machte kurz eine Pause, damit das Mädchen sich wieder daran erinnern konnte, was sie vorhin gesagt hatte.
    "Ich meine, wie soll ein so kleines, unscheinbares Etwas wie du denn bitte in der Lage sein, so viele Menschen umzulegen, wie du es mir gerade erklärt hast?" Sie schleppte sich nach den Worten dem erstbesten Bett und legte dort behutsam Leo ab. Aufgrund des Tragens und der schmerzenden Hand völlig erschöpft, setzte sie sich auf das Bett neben Leo und atmete mehrere Male tief durch. Mit einem zugekniffenen Auge und immer noch keuchend fragte sie, noch bevor sie eine Antwort auf ihre letzte Frage erhielt: "War dein Dad etwa ein Yakuza und du hast ihn nicht verpfiffen oder so was in der Art? Meintest du das mit diesem 'weil ich einer Person, die mir wichtig war, immer wieder verziehen habe'?

    • Offizieller Beitrag

    [Rika Sumiyoshi]
    Tag 2 - 11:28 Uhr - Gelände der Schule – Altes Schulgebäude (16) – Labortrakt


    Auf dem Tisch standen 12 geladene Patronen vor Rika, die von Kouta Nemura funktionsbereit gemacht worden waren. Er schien auch sehr geschickt mit Dingen zu sein.
    "Wegen der Zusammensetzung der anderen Mittelchen werde ich mir diese noch mal ansehen", meinte Kouta mit einem interessierten Gesichtsausdruck. Scheinbar fühlte er sich mit einer Aufgabe in seinem Interessengebiet viel wohler. Jedenfalls sah er seit dem Moment, wo er etwas zu tun hatte, gar nicht mehr nervös aus.
    Er stand auf, ohne auf eine Antwort von Rika zu warten, und ging aus dem Raum.
    Rika nahm die Patronen einzeln und lud sie in das Magazin der Beretta. Jetzt war es auch wirklich eine Waffe.
    Obwohl sie eigentlich auf einem Schulgelände gar keine Waffe brauchen würde. Aber sie dachte an den Tod von Yuki. Es gab auch hier Leute, die ihr Leben über das von anderen stellten. Und genau für solche Leute brauchte man Waffen!
    Ganz tief in ihr drin war noch ein anderer Grund vorhanden, warum sie diese Waffe bei sich hatte. Etwas, dem sie sich früher oder später würde stellen müssen. Aber in dieser Welt konnte sie es noch hinauszögern, denn der Tod war nicht von Dauer. Die Anwesenheit scheinbar schon...
    Mit einem metallischen Klicken rastete das volle Magazin in der Waffe ein. Jetzt würde sie auch Ersatzmagazine und mehr Patronen erschaffen, da es nun einen Zweck hatte.
    Mit einem schmalen Lächeln schob sie sich die Beretta wieder unter die Weste und ging Kouta nach, der in das andere Schullabor gegangen war, wo sie mit der Make Up Aufgabe beschäftigt war. Und genau damit wollte sie jetzt fortfahren.

  • [Yukiko Sakamato]
    11:28 Uhr – Gelände der Schule – Sanitätsraum


    Yukiko half so gut wie sie konnte. Den Kommentar über ihre Größe ignorierte sie, auch wenn er sie ärgerte. Sie konnte doch auch nichts dafür, dass er mehrere Köpfe größer war und deutlich mehr wog.
    'Ich bin noch am wachsen', dachte sie geknickt.
    Als das Mädchen Leo auf das Bett legte, schnappte sich Yukiko ein kleines Handtuch, faltete es, feuchtete es an und legte es Leo auf den die Stirn. Mehr konnte sie nicht für ihn tun, da sie befürchtete, dass sein Zusammenbruch eher der Überforderung und den neuen Informationen zuzuschreiben war, als seinem Sonnenbrand.
    Nachdem sich das Mädchen neben Leo gesetzt hatte, offensichtlich erschöpft, fiel Yukikos Blick auf ihre Hand. Nach einem kurzen innerlichen Kampf wandte sie sich ab und machte sich auf die Suche nach einem kleinen Behälter, einer Pinzette, Desinfektionsmittel und einem Verband. Während sie durch den Raum flitzte, hörte sie hinter sich die Frage
    "War dein Dad etwa ein Yakuza und du hast ihn nicht verpfiffen oder so was in der Art?"


    Innerlich zuckte sie zusammen und für einem Moment entglitten ihr die Gesichtszüge. In ihrer Greifbewegung hielt sie kurz inne, während ihre Gedanken rasten.
    'Woher kann sie das wissen? War das einfach nur geraten, oder... Oder hat sie etwa die Videoclips gesehen? Wir sind zwar alle zeitgleich in dieser Welt aufgewacht, aber das heißt ja nicht, dass wir auch gleichzeitig gestorben sind. Sie könnte sehr wohl alles gesehen haben... Aber dann hätte sie doch bestimmt bereits versucht mich damit zu erpressen... Nein, das war nur geraten. Sie weiß nichts.'


    Yukiko war froh, dass sie mit ihrem Rücken zu dem Mädchen stand. So war ihre Reaktion vielleicht verdächtig, aber nicht vollkommen verräterisch. Sie rekonstruierte ihre Maske, schnappte sich die Bandagen, ging zum Bett, setzte sich auf einen dieser rollenden Hocker und breitete ihr kleines Sammelsurium auf dem Nachttisch des Betts aus.
    "Ich werde dir hier nicht meine gesamte Lebensgeschichte erzählen. So wie du auch plane ich nicht deine Freundin zu werden", erwiderte sie. Dann nahm sie die Pinzette in die Hand, ließ sie einmal klacken und sagte:
    "Und jetzt gib mir deine Hand. Wenn die Splitter nicht entfernt werden, könnten sich deine Wunden entzünden. Und glaub mir, das willst du nicht."

  • [Ibuki Nukui]
    11:28 Uhr – Gelände der Schule – Sanitätsraum

    Nach Ibukis Frage, ob der Vater des Mädchens ein Yakuza war, zuckte sie zusammen, was Ibukis Neugier weckte. Die Kleine kam mit allerlei Mittelchen zu ihr zurück und erklärte, das sie so wenig Interesse an einer Freundschaft hegte wie Ibuki.
    "Und jetzt gib mir deine Hand. Wenn die Splitter nicht entfernt werden, könnten sich deine Wunden entzünden. Und glaub mir, das willst du nicht." befahl sie kurz darauf. Für einen kurzen Moment zögerte Ibuki und wollte rein aus Prinzip das Angebot ausschlagen, aber sie hatte schon einige Wunden, die dieser ähnelten und wusste genau, was auf sie zukommen würde, sollte sie es nicht behandeln lassen. Sie reichte dem Mädchen ihre Hand, biss sich in die Wange und bereitete sich auf die Prozedur vor.


    "Du erzählst mir, dass das Blut von unzähligen unschuldigen Menschen an deinen Händen klebt und du allein dafür verantwortlich bist. Aber wenn ich dich frage was dein Dad macht, etwas worauf du überhaupt keinen Einfluss hast, ist dir das plötzlich zu persönlich?" Sie stierte das Mädchen an und suchte nach Augenkontakt, um einfacher sehen zu können, wann sie log und wann nicht.
    "Nach der Aktion von vorhin kann ich also davon ausgehen, dass dein Dad ein Yakuza ist?" stellte sie mit leicht zusammengekniffenen Augen fest. Ibuki kannte ein paar der großen Yakuza-Familien und auch die Wichtigsten oder besser gesagt die interessantesten Familienmitglieder.


    So zum Beispiel die mittlerweile siebzehnjährige Chiaki 'Kyouki' Kudo, die verrückte Tochter von Yubara Kudo, Haupt des Kudo-kai Clans. Vor einigen Jahren hätte niemand in Chiaki etwas mehr als eine Yakuzatochter gesehen, aber im Jahr 2010 änderte sich das schlagartig.
    Yubara befand sich in einer Besprechung mit seinen Kobun, seinen direkten Untergebenen, neben ihm seine Tochter. Was er zu diesem Zeitpunkt noch nicht wusste, war, dass ein aufsteigender Yakuzaclan, die Midomi-gumi, die Herrschaft der Kudo-kai stürzen wollte. Plötzlich sprangen sechs Midomi-Anhänger aus dem Flur in den Besprechungsraum und fingen an, die Kobun zu erschießen. Während all dem saß Kyouki still und ohne jegliche Züge in ihrem Gesicht neben ihrem entsetzten Vater. Doch als der erste Midomi mit seiner Pistole auf Yubara zielte, sprang sie auf und rannte lauthals schreiend auf den Mörder zu. Von der plötzlich rennenden Tochter verwirrt, blieb der Attentäter mit erhobener Waffe stehen. Kyouki rammte ihm ein Messer, welches sie in ihrem Ärmel versteckt hatte, in den Hals, so tief, dass die Spitze der Klinge aus dem Nacken heraus ragte. Verwundert drehten sich die anderen Attentäter um, wobei Kyouki schon drei von ihnen mit der Pistole des Ersten erschoss. Die zwei übrigen fingen an zu schießen, aber Kyouki hielt den Toten wie ein Schild vor sich, so das sie vor allen Kugeln geschützt war. Als der fünfte Midomi-Anhänger sein Magazin wechselte, schoss Kyouki aus ihrer Deckung, ließ den Toten auf dem Boden fallen und trat mit voller Wucht den Kopf des Mörders gegen die Wand. Nun unbewaffnet stand sie vor den Letzten, welcher sich nicht traute auch nur eine Sekunde unaufmerksam zu sein. Langsam glitt seine Hand in seine Weste und entblößte ein Klappmesser, wobei er in seiner Panik es nicht sofort aufklappen konnte. Nachdem er Kyouki aufforderte anzugreifen, sprang sie praktisch von der Stelle, wich den verzweifelten Messerattacken aus und riss ihn zu Boden. Kurzerhand entwaffnete sie den Midomi-Anhänger und stach ihm mit seinem eigenen Messer fünfzehn mal in die Brust. Als alles vorbei war stand sie auf, begab sich wieder neben ihren Vater und setzte sich an genau dieselbe Stelle, wo sie auch vor den Angriff gesessen hatte. Von diesem Tag an wurde sie immer öfter als Bodyguard ihres Vaters eingesetzt und jeder Mordversuch auf ihn wurde von Chiaki eisern niedergeschlagen. Ibuki war seit diesem Tag vor drei Jahren wahnsinnig fasziniert von ihr und ihren Talenten und hatte sich nichts mehr gewünscht als einen Zweikampf gegen sie, welcher zu ihrem Bedauern nie eintraf.


    Ihren Kopf etwas seitlich geneigt fragte Ibuki :" Wie heißt du denn eigentlich?" Sie war schon sehr gespannt, wie ihre Antwort sein würde. Möglicherweise kannte sie sogar den Vater der Schwarzhaarigen aus Zeitungsberichten oder aus Erzählungen von ihrem eigenen Vater.

  • [Yukiko Sakamato]
    11:29 Uhr – Gelände der Schule – Sanitätsraum


    Yukiko befand sich in einer Zwickmühle. Einerseits wollte sie ihr nicht noch mehr über sich verraten, andererseits konnte sie wohl kaum verhindern, dass sie die Informationen irgendwann bekam. Ihr Vater war bekannt, also war es durchaus möglich, dass sie anhand von Yukikos Nachnamen wusste aus welchen Verhältnissen sie kam. Und ihren Namen zu erfahren war nicht schwierig. Nicht in einer kleinen Welt, wie dieser. Dann konnte sie es also direkt selbst verraten und wenigstens ihre erste Reaktion sehen.


    "Sakamato Yukiko", stellte sie sich vor, "und mit wem habe ich das zweifelhafte Vergnügen?"
    Bewusst ignorierte sie die Frage nach ihrem Vater. Sollte sie sich selbst einen Reim auf das Offensichtliche machen. Währenddessen konzentrierte sie sich darauf die Splitter möglichst sorgfältig und schmerzlos zu entfernen. Sie konnte sie aus gutem Grund nicht ausstehen, aber deswegen musste sie ihr es nicht unnötig zeigen. Außerdem spukte ihr die Wucht des Schlags noch im Hinterkopf herum. Sie würde nicht kuschen, aber unnötig zu provozieren lag ihr ebenso fern.

  • [Ibuki Nukui]
    11:29 Uhr – Gelände der Schule – Sanitätsraum

    "Sakamato Yukiko." antwortete die Schwarzhaarige, während sie Ibuki die Scherben aus den gebrochenen Fingern zog.
    "Was?! Du bist Yukiko 'Papetto' Sakamato, Tochter des Bankiers und Mitglied der Sumiyoshi-kai Sakamato-sama?!" Ibuki konnte nicht begreifen wessen Tochter hier saß. Sakamato-sama war ein weit gefürchteter Mann, Leiter einer der zentralen Banken in Tokio, von dem man schon lange vermutete, dass er Verbindungen zu der Sumiyoshi-kai hegte. Ibuki fühlte sich dumm, nicht schon vorher erkannt zu haben, dass sie es mit Yukiko Sakamato zu tun hatte. Sie hatte sie einige Male bei Nachforschungen ihres Vaters gesehen, jedoch war sie nie mehr als eine Galionsfigur für ihren Vater, weshalb Ibuki ihr nie viel Aufmerksamkeit schenkte. Dennoch war auch sie ein ranghohes Mitglied der Yakuza und nicht ohne ihren Einfluss.
    Mit einem freudigen Grinsen erklärte Ibuki :" Tut mir leid, dass ich das nicht schon früher erkannt habe, aber die letzten Yakuza-Mitglieder denen ich Beachtung geschenkt habe befanden sich eher in den Regionen Kitakyushu und Fukuoka. Du kennst nicht zufällig andere Mitglieder der Yakuza persönlich? Zum Beispiel Chiaki Kudo oder Yomaru Matsami? Was hast du überhaupt für Verbindungen geknüpft? Hat dein Dad dich mit einem anderen Mitglied der Sumiyoshi-kai zwangsverheiratet?" Ibuki war furchtbar aufgeregt ein Yakuza-Mitglied vor sich zu haben. Sie wollte alles erfahren, was ihr nützlich werden konnte, alle kleinen und großen Geheimnisse, alle Treffen, alle Verbrechen, alle Pläne, alle Verbindungen, einfach alles. Sie hatte sogar einmal nach einer Möglichkeit gesucht in die Yakuza einzutreten, um Informationen zu erlangen, aber als Frau hätte sie in die Yakuza hinein geboren werden müssen, um wirklich dazu zu gehören. Nicht zu vergessen, dass sie sich, sollte sie es doch irgendwie schaffen in eine der wohlhabenden Clans aufgenommen zu werden, doch nur als Handlanger verdient machen könnte. Um an wichtige Informationen zu kommen, hätte sie Jahre über Jahre buckeln müssen, nur um eine Chance zu bekommen, sofern sie nicht davor getötet wird versteht sich.
    Als sie ihren Strom von Fragen unter Kontrolle hatte, sah sie Yukiko wieder in die Augen, doch augenblicklich schossen die nächsten Fragen aus ihr heraus.
    "Wie bist du denn eigentlich gest-? Die Inagawa-kai, oder? Sie waren es schon lange leid sich mit der Sumiyoshi-kai herum ärgern zu müssen. Oder waren es doch die Kyokuto-kai? Die Matsu... Entschuldige, das war unangebracht. Das muss ich auch gar nicht wissen. Und du musst es mir nicht erzählen Sakamato-sama. Es sei de..." Sie hielt sich verlegen die Hand vor dem Mund und fing an rot anzulaufen, da ihr auffiel in was für eine Lage sie sich gerade manövrierte. Sie stellte viel zu viele Fragen auf einmal, dabei hatte sie noch keine einzige Antwort erhalten, geschweige denn eine auf Yukikos Frage gegeben.
    "Ähm... was war nochmal deine Frage? Achso, mein Name. Ibuki. Ibuki Nukui. Ich hätte nie damit gerechnet einer Sumiyoshi-kai gegenüber zu treten."

  • [Yukiko Sakamato]
    11:29 Uhr – Gelände der Schule – Sanitätsraum


    Völlig verblüfft hörte Yukiko ihr schweigend zu. Sie hatte gehofft nicht erkannt zu werden, aber immerhin waren ihr die Videos über ihren Tod nicht bekannt. Das ersparte ihr eine gehörige Portion Schande. Sie wollte gar nicht wissen, wie sie in diesen Wochen ausgesehen hatte.
    Auch nachdem sie ihren Namen genannt hatte, schwieg Yukiko und versuchte zu verstehen wie sie damit umgehen sollte. Allem Anschein nach hatte sie einen Fan. Einen durch und durch unerwünschten Fan.
    Sie ließ einige Sekunden verstreichen, in denen sie Ibuki die letzten Splitter aus der Hand zog. Dann fing sie an die Wunde vorsichtig mit einem feuchten Tuch zu säubern.
    "Nukui-san", begann sie langsam, "wir sind tot. Mein Vater ist in dieser Welt völlig ohne Belang. Er hat hier keine Macht und das ist auch gut so. Ich weiß nicht warum du dich so sehr für das Yakuza-Dasein begeisterst... Ich wurde hinein geboren und habe gesehen wie etliche Existenzen zerstört wurden, sowohl innerhalb als auch außerhalb der Sumiyoshi-kai. Darunter auch meine eigene, ohne dass ich etwas tun konnte."
    Nachdem sie mit dem auswaschen fertig war, befeuchtete sie ein weiteres Tuch mit dem Desinfektionsmittel.
    "Das wird jetzt ein wenig weh tun", warnte sie Ibuki bevor sie mit der Desinfizierung begann.
    "Ich würde dich bitten, das alles also zu vergessen, oder ihm zumindest keine Bedeutung beizumessen", sagte sie. Innerlich dachte sie, dass ihr Timing äußerst gut war, da genau in dem Moment, in dem sie endete die Glocke zur Pause ertönte.

    • Offizieller Beitrag

    [Takeshi Okamura]
    11:30 Uhr - Gelände der Schule - Oberhalb Schulgebäude C


    Takeshi war doch noch etwas weiter gelaufen und hatte die Straße beim Schwimmbad überquert. Zwischen den Bäumen auf der anderen Seite sollte er außer Sicht jedes Schülers sein, um in Ruhe etwas auszuprobieren. Als er eine kleine Lichtung erreicht hatte, hörte er die Schulglocke zur Pause.
    Mit einem Grinsen stellte er sich in eine stabile Grundstellung.
    "Wächter-Fertigkeit: Balmung!" sprach er laut aus.


    Hayato war die letzten paar Minuten an dem Schülerratspräsidenten dran geblieben und hatte dabei weiter seinen Gedanken nachgehangen. Warum ging der so kurz vor der Pause vom Schulgebäude weg? Es hatte kurz so ausgesehen, als ob er schon zwischen den Bäumen neben dem Schulgebäude etwas machen wollte. Dann hatte er sich wohl doch anders entschieden. Wahrscheinlich war die Möglichkeit, an dem Platz doch entdeckt zu werden, ihm zu groß erschienen. Hayato war nun noch mehr überzeugt, dass hier etwas vor sich ging, dem er unbedingt auf den Grund gehen musste.
    Als er zum zweiten Mal anhielt, waren sie bereits oberhalb des Schulgebäudes.
    Hayato war jetzt etwas dichter an ihm dran, um besser beobachten zu können. Als der Kerl sich mit einem Grinsen im Gesicht aufstellte, war Hayato schon in Bewegung. Nur lenkte ihn die Schulglocke einen Moment ab.


    Takeshi blickte fasziniert auf seine Hand, in der sich das Schwert bildete. Er hatte mit Schwertern des westlichen Stils trainiert und war von Anderthalbhändern besonders angezogen worden. Deshalb hatte er für diese Klinge auch einen Sagennamen gewählt, der zu dieser unschlagbaren Lichtklinge passte, die sich nun oberhalb seines Handrückens bildete.
    Als es vor ihm zu rascheln begann blickte er überrascht auf. Einer der Schüler, die er gestern schon an der großen Treppe gesehen hatte, einer der Problemfälle, stürmte aus dem Unterholz.
    Die Wahrnehmung der Zeit schien sich für Takeshi zu verlangsamen. Deutlich erkannte er, wie der andere Junge leicht zur Seite blickte. Noch deutlicher sah er die wachsende Klinge, die genau auf die Brust dieses Jungen gerichtet war.
    Das Programm, dass er mit dem Buch in seinem Zimmer erarbeitet hatte, verlangte eine Menge Parameter, während er es entwickelte. Aber mit keinem Gedanken hatte er daran gedacht, wie es sich in einem solchen Notfall schnell wieder abschalten ließ.


    Hayato hatte gehört, dass er etwas gesagt hatte. Er hatte auch was von Wächter verstanden. Also hatte er Recht gehabt! Dieser Bursche war ein Handlanger Gottes in dieser Welt. Jetzt würde er seinen Beweis bekommen.
    Der scharfe Schmerz, der plötzlich seine Brust durchdrang, kam völlig unerwartet. Mit leichter Irritation blickte er an sich herab und sah die leuchtende Klinge, die immer tiefer in seine Brust eindrang.
    Der Mistkerl hatte ihn doch bemerkt. Und jetzt machte er kurzen Prozess!


    Takeshi bewegte seine Hand, was dazu führte, dass die Klinge des Schwertes durch den Körper des anderen glitt. Die Leichtigkeit war unvorstellbar. Weder Fleisch noch Knochen bremsten die Lichtklinge ab. Knapp oberhalb der Schulter trat die Klinge aus dem Körper wieder aus. Takeshi sah die Augen seines Gegenübers brechen. Er war tot, noch bevor er anfing umzufallen.

  • [Ibuki Nukui]
    11:30 Uhr – Gelände der Schule – Sanitätsraum

    Also Yukiko das mit dem Desinfektionsmittel getränkte Tuch nahm, biss sich Ibuki wieder in die Wange. Die Flüssigkeit brannte stark, als sie in die Wunde eindrang, woraufhin sie ein Zischen ausstieß.
    "Ich würde dich bitten, das alles also zu vergessen, oder ihm zumindest keine Bedeutung beizumessen.", sagte sie während sie die Wunde reinigte.
    'Wie soll ich das denn bitte hin bekommen? Du bist eine verdammte Yakuza, wieso hast du denn so viel Schiss vor ihnen? So viel sogar, dass du selbst nach deinem Tod nicht mit ihnen in Verbindung gebracht werden willst.' Eine ganze Weile sagte Ibuki kein Wort, während die ehemalige Yakuza ihre Wunde säuberte. Sie überlegte kurz hin und her und kam zu dem Schluss, das dieses Mädchen vollkommen verweichlicht war. Sie hatte ihr Leben in der Yakuza verbracht und sich nicht an den Lauf der Dinge gewöhnt. Und weil sie sich nicht an die Dinge gewöhnen konnte oder wollte, hat sie sich von ihren Gefühlen gelöst, um nicht verletzt zu werden. Sie hatte diese Leute nicht retten können, weil sie zu viel Angst hatte selbst verletzt zu werden.
    Plötzlich wurde Ibuki wieder aus ihren Gedanken gerissen, als das Desinfektionsmittel sich in eine der tieferen Wunden grub. Als der Schmerz wieder nachließ, versuchte sie wieder an ihre vorherigen Gedanken anzuknüpfen, stattdessen schossen ihr Bilder von einem Anime, den sie gesehen hatte, durch den Kopf. Bei diesem Anime handelte es um einer Abwandlung der Göttlichen Komödie von Dante Alighieri, in der Dante nach seinem Tod in der Hölle landete und durch das Töten des Teufels wieder zum Leben erwachte.
    'Natürlich. Dieser Italiener, Dante, er ist aus der Hölle geflohen. Er musste nur den Obersten Höllenfürst, in der Mitte der Hölle töten und schon kam er wieder hinaus.' Ibukis Blick schwenkte zu Leo hinüber, ihre Miene starr und grimmig.
    'Und bis jetzt habe ich noch niemanden mit einer Waffe gesehen. Möglicherweise muss man, um hier zu verschwinden, den Höllenfürst "überreden", dass man es wert ist wieder zu leben.' Ihr Blick verweilte auf Leo, welcher trotz seiner ungesund roten Hautfarbe recht bleich aussah und hastig zu atmeten schien.
    'Bevor ich aber hier raus kann, brauch ich die Informationen von Yukiko. Und momentan wird sie wahrscheinlich nichts von ihrer Vergangenheit erzählen, vor allem nicht mir. Vielleicht sollte ich doch die Lesbe zu Rate ziehen.' Noch während sie das dachte, lief ihr ein kalter Schauer über den Rücken. Sich freiwillig zu ihr zu begeben und mit ihr ernsthaft über ein anderes Mädchen zu sprechen, würde sie auf die unanständigsten Gedanken bringen.
    Als Yukiko fertig war, ihre Wunde zu reinigen, stand Ibuki langsam auf und betrachte ihre Knöchel noch einmal. Bei jedem Versuch die Finger zu strecken durchzuckten ungeheure Schmerzen ihre Glieder. Sie ging an der angehenden Schwester vorbei zu einem der Schränke, die Leo schon durchwühlt hatte und griff sich den ersten Stoff, der sich für einen Verband eignete. Während sie ihre Hand verarztete sagte sie in einem enttäuschten Ton :" Du hast mein Angebot, dass ich dich und deine Freunde in Ruhe lasse, ausgeschlagen. Du hast mir, als ich klar meine Achtung der Yakuza gegenüber ausgesprochen habe, erzählt, ich solle alles, was ich heute über dich erfahren habe, vergessen. Darüber hinaus hast du mir keinerlei Grund gegeben, dich oder deine Freunde zu verschonen, sollte ich es für nötig halten euch zu töten." Sie sah Yukiko grimmig über die Schulter an.
    "Ich hoffe das du weißt, dass dieses Verhalten, deine komplette Unfähigkeit eine Bedrohung zu erkennen und aus der Welt zu schaffen, der Grund ist, warum du für den Tod so vieler Menschen verantwortlich bist."
    Als sie ihre Hand schließlich verbunden hatte, schlenderte sie zum Ausgang, drückte die Klinke und fügte in einem bleiernen Ton hinzu:
    "Auf Wiedersehen, Miss Sakamato."

  • [Yukiko Sakamato]
    11:30 Uhr – Gelände der Schule – Sanitätsraum


    Meinte sie das wirklich ernst? Yukiko legte ihre Hände in den Schoß, auf die Pinzette, die sie benutzt hatte, um ihr die Splitter aus der Wunde zu ziehen. Sie umfasste sie nicht, sondern legte lediglich ihre Fingerspitzen auf das kühle Metall. Ein unmerkliches Zittern erfasste ihren Körper. War sie wirklich so dumm, solch voreilige Schlüsse zu ziehen?
    Und plötzlich konnte sie es nicht mehr zurückhalten. In der Hoffnung es noch zu unterdrücken zog sie ihre Schultern hoch, senkte ihren Kopf und wandte den Blick von der Gestalt Ibukis ab. Doch es sollte nichts bringen. Das Kichern bahnte sich seinen Weg durch ihr Zwerchfell und ließ ihren Brustkorb tanzen. Unfähigkeit eine Bedrohung zu erkennen? Glaubte sie wirklich, was sie da von sich gab? Hielt sie so viel auf ihr beschränktes Wissen andere Menschen dadurch verurteilen zu können? Und vor solch einer Person hatte sie Angst gehabt? Sie war ein Kind, das in seiner eigenen Welt lebte.
    Wahrscheinlich glaubte Ibuki sogar, dass ein schwaches Ding wie sie selbst, unfähig war ihr auch nur ein Haar zu krümmen. Erneut kitzelten ihre Hände die Oberfläche der Pinzette. In der kurzen Zeit, seit ihrem Eintreten in den Raum, hatten sich so viele Gelegenheiten ergeben, sie umzubringen und sie realisierte es wahrscheinlich noch nicht einmal. Aber warum hätte Yukiko es tun sollen? Der Tod konnte in dieser Welt bedeutungsloser nicht sein. Was für ein naives Ding sie doch war.
    Nach einer gefühlten Ewigkeit straffte Yukiko ihre Schultern und schaffte es das aufbegehrende Lachen zu unterdrücken. Sie räusperte sich und suchte derweil Blickkontakt. Sie konnte diese Person als Mensch nicht mehr ernst nehmen. Natürlich war sie gefährlich. Keine Frage. Aber was hatte das schon zu bedeuten in dieser Welt? Nichts. Und endlich verstand sie in etwa was dieses Gefühl war, dass sie zuerst für den Mut der Verzweiflung gehalten hatte. Irgendetwas zwischen Hass und Gleichgültigkeit. Diese Ibuki erinnerte sie zu Teilen an ihren Vater, wobei ihr gleichzeitig bewusst war, wie sie ihm in jeglicher Hinsicht, unterlegen war. Besser gesagt war sie ein kläglicher Abklatsch ihres Vaters. Wobei das vielleicht noch immer zu schmeichelnd war.


    Ihr Lächeln, mit dem sie ihre makellos weißen Zähne zeigte, fand sich auch in ihren Augen wieder, als sie schmunzelnd sagte:
    "Du solltest Psychologin werden, wenn du mit diesen Informationen solche Aussagen über mich treffen kannst, Ibuki-chan. Oder Gott. Schließlich scheinst du ja zu glauben entscheiden zu können wer stirbt und wer lebt. Vielleicht seid ihr gar nicht so verschieden?"
    Wieder kicherte sie und es brauchte eine gehörige Portion Willenskraft es erneut zu unterdrücken. Aber so schnell der Wunsch sie zu sticheln gekommen war, so verschwand er auch wieder. Sollte sie doch machen und glauben was sie für angebracht hielt. Sie hatte den anderen gegenüber ein schlechtes Gewissen, aber hätte es den Zwischenfall mit der Tür nie gegeben, wäre es definitiv auf dieselbe Situation hinausgelaufen. Ibuki hätte nur einen anderen Grund gefunden sich mit den anderen anzulegen. Ihre Aufgabe war es jetzt die anderen zu warnen, ihre Entscheidung zu erklären und dafür einzustehen.
    "Es wäre schön gewesen dich heute das letzte Mal gesehen zu haben", sagte sie und wandte sich wieder Leo zu.

    • Offizieller Beitrag

    [Takeshi Okamura]
    11:30 Uhr - Gelände der Schule - Oberhalb Schulgebäude C


    Wie war es soweit gekommen, dass dieser Schüler hier noch vor Beginn der Pause herumgelaufen war? Takeshi ließ die Klinge wieder verschwinden und blickte auf den blutenden Körper hinab, dessen gebrochene Augen ihn anklagen anstarrten.
    „Du hättest gar nicht hier sein dürfen…“, sagte er langsam.
    Auch wenn es in dieser Welt keinen endgültigen Tod gab, so war es doch jedes Mal eine Erfahrung, die man nicht unbedingt machen wollte.
    Er war doch extra ein ganzes Stück von der Schule weggegangen, um gar nicht in der Nähe von Schülern zu sein. Auch wenn dieser Schüler nach einiger Zeit wieder aufstehen würde und seine Wunden verschwunden wären, so war es etwas, dass Takeshi nachdenklich machte.
    So lange die Schüler sich an das System dieser Welt hielten, war es äußerst unwahrscheinlich dass ihnen solche Unfälle zustoßen konnten.
    Also war es für alle Beteiligten am besten, wenn sie auch am Unterricht teilnahmen!
    Auch wenn Takeshi ihnen einige Zeit zur Orientierung geben wollte, so war es doch gefährlich für diese Schulschwänzer. Sie hatten doch nach der Schule noch Zeit genug für irgendwelche Aktivitäten.
    Verwarnung für erneute unentschuldigte Abwesenheit in Akte des Schülers übertragen“ tauchte eine Information des Systems in seinem Kopf auf.
    Verwarnung? Der Schöpfer dieser Welt hatte merkwürdige Definitionen…
    Scheinbar sah das System dieser Welt durchaus auch Strafen vor. Aber auch wenn der Tod hier kein Endgültiger war, so fand Takeshi es doch ziemlich übertrieben, wie dieser Unfall eingestuft wurde.
    Nach einem letzten Blick auf den Körper straffte er entschlossen die Schultern. Es war besser für alle Bewohner dieser kleinen Welt, wenn sie sich an die vorgegebenen Strukturen hielten. Deshalb würde er alles daran setzen, um diesen Leuten zukünftig solche Schmerzen wie gerade eben zu ersparen.

  • [Ibuki Nukui]
    11:30 Uhr – Gelände der Schule – Sanitätsraum

    "Das beruht auf Gegenseitigkeit, Missy. Deine Dummheit macht mich ganz krank." erläuterte sie, während sie die Tür öffnete und verschwand, bevor die Schwarzhaarige weiter reden konnte.
    'Sie kann froh sein, dass ich sie noch brauche, ansonsten hätte ich ihr ihre verdammte Zunge raus gerissen. Dumme Schlampe.'
    Lange Zeit wanderte Ibuki fluchend und schimpfend durch die Flure und dachte darüber nach, was sie nun tun konnte. Doch sie war zu aufgebracht um zu Shimo zu gehen, und einfach in ihr Zimmer im Mädchenwohnheim zu kriechen kam ihr wie ein Eingeständniss einer Niederlage vor. Nach einer Weile ziellosen Umherirrens betrat sie den vollen Pausenhof. Überall haben sich kleine Gruppen aus 3 bis 6 Personen gebildet, die sich über die Schule, über den Alltag und ihre Hobbys austauschten. Es verwunderte sie, das zu keinem Zeitpunkt berührt wurde, selbst als sie an zwei rangelnde Jungen vorbei ging und der etwas größere Schüler seinen Gegner in Richtung Ibuki warf. Und das war ihr auch recht so, da sie wahrscheinlich der ersten Person, die sie angerempelt hätte, den Kiefer neu gerichtet hätte.
    Während ihrer Wanderung fiel ihr wieder die Sporthalle auf. Sie war froh, dass die Informationsströme nur bei dem ersten Anblick eines unbekannten Gebäudes kamen, ansonsten würde sie vollkommen durchdrehen. Sie näherte sich der Vordertür, welche zu ihrer Enttäuschung verschlossen war. Trotzig ging sie ein paar Schritte zurück, nahm Anlauf und versuchte die Tür mit ihrer Schulter aufzubrechen. Doch statt dem gewünschten Ziel bewegte sich die Tür keinen Zentimeter, nur einen dumpfen Aufprall, der von ihrem Fehlschlag verkündete.
    "Ouch!" zischte Ibuki fast lautlos. Schleunigst sammelte sie sich wieder, um nicht weiter Aufmerksamkeit zu erregen, als sie durch diese Aktion ohnehin schon hatte.
    Weiterhin auf der Suche nach einem Eingang umrundete sie die Halle, wobei ihr eine kleine Abstellkammer auffiel, in der mit hoher Wahrscheinlichkeit Besen, Kehrbleche und Ähnliches verstaut waren. Ihr Interesse galt jedoch weniger dem Inhalt oder dem Sinn der Kammer, als mehr die Möglichkeit, die sie ihr bot. Neben dem kleinen Hüttchen lief eine Feuerleiter hinunter und führte auf das Dach der Halle. Zwar hatte Ibuki keinerlei Grund auf das Dach zu gehen, aber sie wollte sich an irgendetwas abreagieren und körperliche Aktivitäten halfen ihr in solchen Situationen immer.
    Sie ging zu der Abstellkammer und konnte mit einem einfachen Sprung die Kante greifen und sich auf das Dach der Kammer hochhiefen. Von hier aus waren noch rund 5 Meter bis zum Dach, was ihr schwierig genug erschien.
    Nachdem sie sich ihre Schuhe ausgezogen hatte, begann sie in die Leiter hinaufzuklettern, wobei sie stark darauf achtete nicht zu fallen. Nach rund 2 Minuten zog sich Ibuki schwitzend und keuchend auf das recht flache Dach, schleppte sich noch bis zur Mitte und lies sich dort fallen, beruhigte sich schnell bis zu dem Punkt an dem sie genüsslich in der Sonne auf dem Dach lag und schlief.

  • [Yukiko Sakamato]
    11:31 Uhr – Gelände der Schule – Sanitätsraum

    Nachdem die Tür ins Schloss gefallen war, blickte sie zu ihr. Für mehrere Augenblicke driftete ihr Blick in Gefilde ihrer Gedanken ab, bis sie begriff, was sie da eigentlich getan hatte. Ein Zittern erfasste ihren Körper und die Kälte verzog sich aus ihrem Inneren. Dafür benetzte eine dünne Schicht kalter Schweiß ihre Haut. Sie hatte sich gerade wirklich mit diesem Tier angelegt. Keine Frage. Das würde ein Nachspiel haben. Wahrscheinlich nicht nur für sie, sondern auch für die anderen.


    Langsam wanderte ihr Blick wieder zu Leo. Warum hatte sie das getan? Hatte sie sich beweisen wollen? Vielleicht... In gewisser Weise bestimmt. Auch wenn sie einen Kampf mit garantierter Sicherheit verloren hätte, ging sie aus dieser Begegnung als Siegerin hervor. Zumindest empfand sie es so. Warum hatte Ibuki sie nicht angegriffen? Sie hatte ihr mehr als einen Grund dafür gegeben. Und trotzdem hatte sie nichts getan. War es tatsächlich nur wegen den Albträumen? Wohl kaum. Dieses Mädchen träumte von den Yakuza und hatte scheinbar Vorstellungen, die kaum mit der Realität übereinstimmten. Wahrscheinlich hielt sie alle Yakuza für militante Gruppen, deren Vergnügen es war mit Macht ihre Position zu festigen. Yukiko glaubte kaum, dass der ursprüngliche Sinn der Yakuza ausgestoßenen Menschen einen Ort der Zuflucht zu bieten, für Ibuki von Bedeutung war.
    Sie seufzte. Es war eine Schande. Selbst ihr Vater war diesem Credo gefolgt. Das zwar auf eine völlig falsche, unmenschliche Art und Weise, aber wenn man ihn kannte, hatte man die Hintergründe seiner Handlungen erkennen können. Wobei Yukiko das auch erst jetzt verstanden hatte. Zuvor war ihr Verstand zu sehr von den Drogen vernebelt gewesen, als dass sie ihn hätte verstehen können. Doch jetzt waren ihre Gedanken so klar, wie seit Jahren nicht mehr. In einer gewissen Weise, hatte sie in dieser kleinen Welt, die sie gefangen hielt, mehr Freiheit erhalten, als ihr vor ihrem Tod zugesprochen wurde. Ein schiefes Lächeln zierte ihren Mund. Wie armselig sie doch gewesen war. Es war wirklich Zeit etwas daran zu ändern. Und wenn sie das recht beurteilen konnte, war Ibuki der Auslöser für diese Erkenntnis gewesen. Das erste Mal hatte Yukiko jemanden gesehen der ihr noch verachtenswerter erschien als sie selbst. Das hatte ihr die Augen geöffnet. Allerdings verspürte sie ihr gegenüber auch keine Dankbarkeit. Denn ohne den Schülerpräsidenten und Rika wäre sie nie zu dem Punkt gekommen, an dem sie in der Lage gewesen wäre dies zu erkennen. Sie würde sich definitiv noch bei ihnen bedanken müssen.


    Sie atmete kontrolliert aus und beruhigte sich wieder. In ihren Augen fand sich ein klarer Glanz ein, der die Trübe der Müdigkeit überdeckte und ein plötzliches Hochgefühl ergriff sie. Auch wenn Leo bewusstlos vor ihr lag und es nicht richtig war, konnte sie es nicht unterdrücken. Sie brachte die anderen in Gefahr, eigentlich sollte sie sich für sie aufopfern, wie es ihr beigebracht wurde. Ihr Vater würde sagen, dass es ihre Pflicht wäre als Frau und Tochter. Was er wohl sagen würde, wenn sie sich dazu entschloss ausnahmsweise nicht vor dem Konflikt davon zu rennen, sondern die anderen beschützen zu wollen? Mit Sicherheit würde er lachen und sie nicht ernst nehmen. Die Scham, die sie in dieser Situation empfunden hätte, wäre genug gewesen, all ihre Pläne wieder zu verwerfen. Solch ein Maß an der Kontrolle hatte er über sie gehabt? Aber hier galt es nicht mehr. Und je öfter sie sich diesen Fakt in Gedanken vor Augen führte, desto klarer wurden ihr die Konsequenzen.
    Sie war keine weiße Seite eines Buches mehr. Der Anfang war bereits von anderen geschrieben worden. Doch jetzt war sie selbst im Besitz des Stiftes, der bestimmt war das Ende ihrer Geschichte zu schreiben. Und so eine Ibuki würde ihr das nicht vermasseln. Nicht nachdem sie so viele Jahre in einer Hölle gelebt hatte, die sie nicht begreifen wollte oder konnte.


    Aber erst mal würde sie sich um Leo kümmern müssen. Ihr Blick glitt zur Uhr, die 11:32 zeigte. Sie zuckte mit den Schultern, stand auf und wechselte nachdenklich den Lappen auf Leos Stirn aus. Sie hoffte, dass er bald aufwachen würde. Schließlich konnte sie ihn schlecht hier allein lassen. Dann würde sie in Erfahrung bringen, was Ibuki von ihm wollte, ihn in alles einweihen und dann würde sie erneut Rika aufsuchen, um auch ihr alles zu erzählen.
    Und dann... würde sie sich einen ruhigen Ort suchen, um herauszufinden wie viel von dem Selbstverteidigungsunterricht noch hängen geblieben war. Sie hatte keine Ahnung wie ihr Körper sich verhalten würde ohne den Einfluss der Drogen und Medikamente.