Ein Versprechen


  • Ein Versprechen


    Ein herrlicher Sommertag. Kaum eine Wolke ist am Himmel zu sehen. Hell strahlt die Mittagssonne und die Bäume werfen lange Schatten. Ein Windhauch weht durch die Blätter und ein Windspiel, das irgendwo zwischen den Ästen hängt, erklingt.
    Unter einem dieser Bäume sitzt ein kleines Mädchen, mit blonden Haaren, im Schatten und ein Zeichenblock vor sich liegen. Die Buntstifte liegen verteilt im grünen Gras. Mit einer Unschuld, wie sie nur Kinder haben, malt sie. Ganz auf ihr Bild konzentriert, dass sie gerne ihrer Mutter schenken möchte.
    Sie malt eine Blume, in den Farben des Regenbogens, eine Wiese, Himmel und Sonne, - so gut eine sechsjährige in ihrem Alter eben malen kann.
    Voller Freude über ihr fertiges Bild, rennt sie zu ihrer Mutter, die gerade in den Garten kommt. „Mami, Mami, schau mal, das hab ich für dich gemalt.“ Lächelnd hält sie ihr das Bild hin.
    „Ich danke dir, Diana. Was hältst du davon, wenn ich es an die Küchentür hänge, damit Papa es sieht, wenn er später von der Arbeit kommt?“ Eifrig nickte sie und ihr Lächeln wurde noch breiter. „Du kannst aber schön malen,“ erklingt die Stimme ihrer besten Freundin. Sie sind zum Spielen verabredet, auch wenn das Diana manchmal vergisst, wenn sie in ihre Malereien vertieft ist. Doch sie freut sich, dass Anny nun da ist. „Komm, ich zeig dir mein Baumhaus. Papa hat es gestern fertig gemacht und jetzt können wir mit unseren Puppen darin spielen.“ Diana nimmt die Hand ihrer Freundin und gemeinsam rennen sie zum Baumhaus. „Diana? Malst du für mich auch mal ein Bild?“
    „Klar. Ich mal die was du willst.“
    „Dann musst du mir irgendwann ein Kreuz malen, ja?“
    „Versprochen.“
    Die beiden Kinder lachten. So Unschuldig, wie nur sie es können.


    Voller Schreck wachte Diana auf. Ihr Körper zitterte. Von dem Traum an ihre Kindheit? Oder war es etwas anderes? Sie wusste es nicht und hatte auch keine Zeit weiter darüber nachzudenken. Sie war auf der Couch eingeschlafen, dabei wollte sie sich nur kurz ausruhen. Sie musste heute Abend auf die Ausstellung, auf ihre Ausstellung. Ihre Bilder wurden ausgestellt. Sie hatte es fast geschafft, ihr großer Traum; Künstlerin, die die Menschen mit ihren Bildern verzauberte. Sie glücklich zu sehen, machte sie glücklich.
    Sie ging ins Bad und machte sich für den Abend fertig. Um Punkt sieben Uhr klingelte es an der Tür und ihr Verlobter holte sie ab. „Ich freue mich, dass du es doch noch geschafft hast,“ begrüßte sie ihn, wobei sie ihn stürmisch umarmte. Hendrik fing an zu lachen und drückte sie an sich.
    „Ich hab es dir doch versprochen.“ Er führte sie zum Wagen und sobald er hinter dem Steuer platz genommen hatte, fuhr er auch schon los. Hendrik versuchte sie etwas abzulenken, da sie nervös wirkte. Schließlich gelang es ihm auch und sie fing an sich zu entspannen.
    Als sie nur noch zwei Blocks entfernt waren, klingelte ihr Handy. Sie kramte ihn ihrer kleinen Handtasche und schaute auf den Display. Als sie die Nummer erkannte, wurde sie unruhig. Mit zitternder Hand nahm sie ab.
    Das Gespräch hatte nicht lange gedauert, doch es reichte aus, um ihr alle Farbe aus dem Gesicht zu nehmen. Besorgt hielt Hendrik am Straßenrand an. „Was ist los?“ fragte er, auch wenn er er sich denken konnte, wer angerufen hatte.
    Mit kaum hörbarer Stimme flüsterte sie: „Das Krankenhaus.“ Hendrik legte den Arm um seine Verlobte und drückte sie an sich. „Anny geht es schlechter. Der Arzt hat gesagt, dass sie die Nacht nicht überleben wird.“ Tränen rannen ihr übers Gesicht. „Sie darf nicht gehen. Sie ist doch meine beste Freundin.“ Hendrik überlegte nicht lange. Er wendete den Wagen und fuhr zum Krankenhaus. Wie sehr seine Verlobte sich auch auf die Ausstellung gefreut hatte, wusste er doch, dass sie jetzt wo anders sein musste. Bei ihr, Anny.
    Bis zu jenem grausamen Tag waren sie immer unzertrennlich gewesen und auch danach, hatte sich nicht viel geändert. Doch nun schien die Zeit des Abschieds gekommen zu sein. Er versuchte gar nicht erst sie weiter zum reden zu bringen. Sie war zu sehr in sich gegangen. Schon immer konnten diese beiden Frauen, die so unzertrennlich waren, die Schmerzen des anderen spüren und das schien sie nun noch intensiver als sonst zu fühlen.
    Schweigend parkte er auf dem Parkplatz hinterm Krankenhaus, nahm stumm die Hand seiner Verlobten, während sie den Aufzug benutzen und auf den Weg zu ihrem Zimmer waren.
    Der Arzt war gerade auf dem Flur, begrüßte die Beiden kurz mit einem nicken und wandte sich dann wieder der Schwester zu.
    „Soll ich dich begleiten?“ Diana schüttelte den Kopf. „Lass mich bitte mir ihr allein. Nur einen Moment.“ Hendrik nickte, gab ihr einen flüchtigen Kuss auf die Stirn lehnte sich dann mit verschränkten Armen gegen die weiße, kalte Klinikwand, während Diana ins Zimmer ging.


    Sie sah so schwach und zerbrechlich aus, wie sie da so in dem Bett lag. So verloren. Doch sobald sie hörte, das die Tür geschlossen wurde, öffnete sie die Augen. „Diana,“ flüsterte sie. Kaum noch imstande richtig zu sprechen. Ihre Augen waren so leer. Früher hatte sich das Leben in ihnen gespiegelt und nun, nichts. Als wäre ihre Seele bereit weiterzuziehen. Doch ihr Körper weigerte sich aufzugeben. Und Diana wusste auch, warum dass so war. Sie musste noch ihr Versprechen erfüllen. Sie setzte sich auf den Stuhl neben dem Bett.
    „Du musst mich gehen lassen.“
    „Dann verlässt du mich für immer und ich bin alleine.“ Wieder konnte Diana ihre Tränen nicht zurückhalten und schloss die Augen.
    Eine hauchzarte Berührung an ihrer Wange. Sie öffnete die Augen wieder. Ihre beste Freundin hatte ihr die Tränen fortgewischt. „Sei nicht traurig. Ich werde immer bei dir sein. In deinem Herzen und in deinen Erinnerungen.“ Sie hustete. Das Sprechen fiel ihr immer schwerer. „Bitte, erfülle mir meinen Wunsch: mal mir ein Kreuz!“
    „Ich hab kein Papier dabei,“ scherzte sie, neckte sie sogar jetzt noch. Dann holte sie einen Edding aus ihrer Tasche, den trug sie seit ein paar Wochen immer bei sich, wahrscheinlich weil sie diesen Tag hatte kommen sehen, und nahm die rechte Hand ihrer Freundin.
    Sie drückte ihr einen Kuss in die Handfläche und blickte ihr einen Augenblick in die Augen. Ihre Lippen verzogen sich zu einem leichten Lächeln. Sie zog die Schutzklappe ab und wie in Trance malte sie ihrer Freundin, das versprochene Bild; Ein schlichtes Kreuz, mit einer Rose in der Mitte.
    Als sie fertig war, aus ihrer Trance erwachte und Anny ansah, hatte sie ihre Augen geschlossen und ein friedlicher Ausdruck lag auf ihrem Gesicht. „ich danke dir,“ hauchte sie. Sie schloss ihre Hand zu einer Faust und eine einsame Träne rann über ihre Wange. Dann ging sie.
    Mit einem friedlichen Lächeln auf dem Gesicht und der Freude, dass sie ihr Kreuz, ihr Frieden, nun endlich bekommen hatte. Und der Gewissheit, dass sie immer Freunde bleiben würden.


    Ende

    so hier hab ich mal eine Kurzgeschichte, hab ich vor ner ganzen Weile mal geschrieben


    :enjoy *erdbeertee schlürf*

    Zwielicht
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    Trenne dich nie von deinen Träumen. Wenn sie verschwunden sind wirst du weiter existieren, doch aufgehört haben zu leben.

  • Die Geschichte ist wirklich total schön <3
    Auch wenn ich die Sache mit dem Kreuz noch nicht so ganz verstanden habe...warum hat Anny sie denn
    als kleines Kind bereits gebeten, ihr irgendwann ein Kreuz zu zeichnen?
    Aber ansonsten finde ich die Geschichte wirklich schön geschrieben ;D


    LG Yin

  • Diese Geschichte ist wunderschön. Sie gefällt mir sehr, denn es zeigt mir, wie toll eine Freundschaft sein kann. Dein Schreibstil ist leicht zu lesen und mehr als einfach gegliedert. Auch wenn es ein trauriges Ende gab, ist sie passend. Danke sehr.