Leider hat die Geschichte noch keinen Namen darum hab ich sie erstmal 2 genannt^^
"Alles ist vergänglich. Das Leben ist kurz, also sollte man darum kämpfen. Ich bin alt, ich kann nicht mehr kämpfen, aber du, du kannst es." sagte mein Großvater vor vielen Jahren zu mir. Kurz darauf stellte man bei ihm Krebs im Endstadium fest und noch im selben Jahr starb er.
Er hatte es gewusst, hatte schon vorher gewusst, dass er sterben würde und sich damit abgefunden. Nur ich nicht, ich konnte die Tatsache einfach nicht akzeptieren, dass der einzige Mensch, der mir jemals Halt und Zuversicht gegeben hatte, einfach so gestorben war. Meine Eltern starben, als ich noch sehr jung war, ich kannte ihre Gesichter nur von Fotos. Geschwister hatte ich nie gehabt. Mein Großvater war der Einzige aus meiner Familie gewesen, der noch lebte. Damals war ich noch zu jung gewesen, um alleine zu leben, also wurde ich von Heim zu Heim geschoben. Als ich dann endlich 18 wurde suchte ich mir einen Job. Ich verdiente nicht allzu viel, doch es war genug um eine kleine Wohnung zu finanzieren.
In den letzten 4 Jahren zog ich oft um, bis ich letztendlich hier in Winchester gelandet war.
Neuer Ort, neuer Job. Natürlich würden viele meinen, dass eine 1,70m große Frau nicht nachts und vor allem alleine in einem 24 Stunden Shop arbeiten sollte, doch mir war das egal.
Auf den Rat meines zukünftigen Chefs hin machte ich einen Waffenschein. Man konnte ja nie wissen, wer da des nachts so aufkreuzt. Denn die Dunkelheit lockte die zwielichtigen Gestalten aus ihren Verstecken. Ich kaufte mir eine Smith&Wesson M37 und damit war auch das letzte Geld futsch, das ich noch von meinem Großvater hatte.
Draußen war es schwül. Eine sternenklare Julinacht. Ich ließ mir von einem Ventilator kühlen Wind ins Gesicht pusten und war voll und ganz in ein Buch vertieft. Mittlerweile arbeitete ich schon seit einem guten dreiviertel Jahr hier.
Erschrocken sah ich auf, als plötzlich jemand vor den Tresen stand. Ich musste die Glocke an der Tür überhört haben. Schnell legte ich das Buch beiseite und setzte mein Geschäftslächeln auf.
“Kann ich ihnen behilflich sein?”
Er war groß, mindestens 1,90m, hatte lange schwarze Haare, sah gepflegt aus. Ich schätzte ihn auf Ende 20.
“Ja.” Seine Stimme war tief und klang eiskalt.
Er beugte sich zu mir herunter, sein Gesicht nur einige Zentimeter von meinem entfernt. Ich stolperte einen Schritt zurück und meine rechte Hand schloss sich um den Griff meiner Pistole. Der Kerl machte mir Angst und wenn es sein musste würde ich schießen. Ein Lächeln zeichnete sich jetzt auf seinen Lippen ab und er ging langsam um den Tresen herum. Seinen Blick wandte er nicht einmal von mir ab. Verdammt! Ich hätte mich wegen ein paar ruhiger Nächte nicht in Sicherheit wiegen sollen!
Ich zog die Waffe und zielte auf ihn.
“Ich.. Ich werde schießen!”
Er lachte leise. Warum mussten die gut aussehenden auch immer die Bekloppten sein? Ich hätte gleich misstrauisch sein müssen!
“Nein, das wirst du nicht.” Er sprach leise, aber bestimmt.
Er kam langsam auf mich zu und ich fing an darüber nachzudenken, ob es wirklich eine so gute Idee gewesen war, den erstbesten, freien Job anzunehmen. Seine große Hand legte sich um den Lauf meiner Pistole. Ein eiskalter Schauer nach dem anderen jagte über meinen Rücken. Er zog sie mir einfach so aus der Hand und schleuderte sie davon. Ich wollte mich bewegen, weglaufen, doch er hielt mein Handgelenk fest umklammert. Seine Augen hielten mich mit ihrem Blick gefangen. Sie waren grau und besaßen eine unglaubliche Tiefe, in der man sich verlieren konnte. Es war kalt geworden. Gänsehaut überzog meine nackten Arme und ich fing an zu zittern.
Eine seiner Hände schloss sich jetzt unerbittlich fest um meine Schulter und die andere strich meine langen, blonden Locken zur Seite. Dann drückte er meinen Kopf zurück um meinen Hals endgültig zu entblößen. Ich wusste ganz genau was er war!
Plötzlich ging die Ladentür auf und der Kerl ließ mich auf der Stelle los.
Unsanft landete ich auf dem Boden. Ich konnte nicht sehen, was jetzt passierte, nur hören.
“Schlaf schön, Arschloch!” sagte eine Stimme von der Tür her.
Dem Mann entfuhr ein Knurren, doch dann war es still. Ein paar Sekunden verstrichen und dann zerfiel er zu Staub. Einfach so! Geschockt starrte ich auf den Haufen, der jetzt unweit von meinen Füßen lag. Staub, Kleider und ein Pfeil.
Ich stützte mich mit einer Hand auf dem Tresen ab und zog mich daran hoch. In meinen 22 Lebensjahren hatte ich zwar schon eine Menge gesehen, doch dran gewöhnt hatte ich mich deswegen noch lange nicht!
Vor mir stand jetzt ein anderer Mann. Er hielt eine Armbrust in Händen und sah auch sonst ziemlich abenteuerlich aus. Er hatte zerzauste braune Haare, die von einem bescheuerten braunen Cowboyhut verdeckt wurden, ein Dreitagebart bedeckte seine kantige untere Gesichtshälfte und seine grünen Augen strahlten mich regelrecht an. Sie verrieten ihn, ich erkannte ihn sofort.
“Verdammt John, da sehen wir uns mal ein paar Jahre lang nicht und dann legst du so einen Auftritt hin? Wie siehst du überhaupt aus, bist du schon mal auf die Idee gekommen dich zu rasieren?”
Er zuckte mit den Schultern und lächelte. Das alte vertraute Lächeln war wohl das einzige, das sich nicht an diesem Kerl verändert hatte.
Er war zwei Jahre älter als ich und ich hatte ihn damals in meinem letzten Heim kennen gelernt. Er war ein Jahr lang dort gewesen. Er hatte sich geweigert seinen eigenen Namen preiszugeben und wurde von da an nur noch John Doe genannt. Er war der lebende Max Mustermann. Ich war wohl der einzige Mensch gewesen, dem er vertraut hatte. Er hatte mir von Dingen erzählt die jeder andere für Schwachsinn halten würde, doch aus irgend einem Grund hatte ich ihm geglaubt. Ich hatte ihm geglaubt, dass es Lykanthropen und Vampire gab, Geister und Dämonen aus Gruselgeschichten. Ja, ich glaubte ihm. Er erzählte mir alles, nur über sich und sein vorheriges Leben schwieg er. Ich wusste nicht, woher er sein Wissen hatte, doch ich hatte beschlossen nicht nachzubohren. Wenn er es nicht von sich aus erzählen würde, würde er es nie tun. Dann ging er. Er sagte mir noch ich solle auf mich aufpassen und wir würden uns wieder sehen, doch wo und wann hatte keiner von uns beiden gewusst.
Er hob meine Smith&Wesson auf und hielt sie mit einem belustigten Gesichtsausdruck hoch.
“Ach, die kleine Tara versucht sich mit den kleinen Teilchen zu schützen? Komm schon du solltest es doch besser wissen!”
Ich zog einen Flunsch.
“Das war auch eher gegen menschliche Bedrohungen gedacht und nicht gegen so was.”
Ich wies mit dem Daumen auf den Haufen, der immer noch neben mir lag.
“Du solltest aber gegen alles geschützt sein.”
Da war er wieder, der große Bruder, der auf mich aufpasste. Ich lächelte mild. Er wusste ja nicht, dass ich normalerweise schon gegen die anderen Bedrohungen geschützt war. Kurz nachdem in diese Stadt gezogen war, traf ich auf Isabel. Wir freundeten uns an und verbrachten viel Zeit zusammen. Es war unausweichlich gewesen, dass ich ihr Geheimnis irgendwann entdeckte. Ich kannte die Anzeichen ja schon und musste sie nur noch deuten. Ihre Abwesenheit bei Vollmond ihre Vorliebe für besonders blutiges Steak. Es war gar nicht zu übersehen gewesen. Ich sprach sie darauf an und sie hatte sich so darüber gefreut, dass ich trotzdem keine Angst vor ihr hatte, dass sie mich gleich dem ganzen Rudel vorstellte. Es waren nette Menschen mit normalen Berufen und einem mehr oder weniger normalem Leben, bis auf die Sache mit der Lykanthropie. Isabel war zwar klein und zierlich, hatte es aber trotzdem zum Alphaweibchen gebracht. Auf ihren Befehl hin war nachts immer einer der Wölfe in meiner Nähe und sorgte dafür, dass mir nichts zustieß. Nur in dieser Nacht war ich schutzlos. Vollmond.
“Du solltest mir lieber helfen das hier zu entsorgen bevor meine Schichtablösung kommt.”
Ich warf einen Blick auf die Uhr.
“Was in 5 Minuten ist... Los schnapp dir einen Besen!”
Er hörte auf mich. Ich sammelte die Kleidung auf und warf sie in einen Mülleimer, während er anfing den Staub auf ein Fegeblech zu befördern.
Sein Magen knurrte laut und ich kicherte.
“Sag mal wann hast du denn das letzte Mal was vernünftiges zwischen die Beißerchen bekommen?”
Wieder ein Schulterzucken.
“Weiß nicht genau, könnte schon ein paar Tage her sein...”
Ich starrte ihn entrüstet an. War er etwa tagelang unterwegs gewesen ohne etwas zu essen?
“So, das reicht! Du schläfst heute bei mir auf der Couch. Du wirst duschen, dich Rasieren und ich mach dir ein großes Steak!”
Tatsächlich hatte ich nämlich noch ein paar im Gefrierfach meines kleinen Kühlschrankes vorrätig. Er nickte nur. Zufrieden nahm ich meine Waffe, die er auf die Ladentheke gelegt hatte und steckte mein Buch in meine kleine Handtasche, die über der Lehne des Stuhles hing auf dem ich mich vor einigen Minuten noch gelümmelt hatte und nichts böses ahnte.
Meine Ablösung kam pünktlich und sah uns beide verwirrt an. Ich nickte dem kleinen dicken Mann kurz zu und bedeutete John hinauszugehen.
“Es ist schön dich wieder zu sehen...”
Er lächelte und breitete die Arme aus. Ich nahm die Einladung an und umarmte ihn. Er war ein guter Mensch, auch wenn er das andere nicht gerne sehen ließ.
“Du stinkst ganz fürchterlich.”
Nach einem sehr kurzen Fußmarsch waren wir in meiner Wohnung angekommen. Vor mir brutzelte jetzt das versprochene Steak in der Pfanne und ich hörte das dumpfe Rauschen der Dusche. Ein Handtuch und frische Klamotten hatte ich ihm gleich in die Hand gedrückt. Ich hatte fast immer zusätzliche Kleidung im Haus, da ich den Wölfen als Dank half. Ich wusch denen, die es entweder nicht konnten oder keine Zeit dafür hatten die Wäsche und jedes Rudelmitglied konnte Jederzeit zum Essen vorbeikommen. so war ich eigentlich immer auf Besuch eingestellt. Wir halfen uns gegenseitig und auch wenn ich nicht zu ihnen gehörte akzeptierten sie mich als eine der ihren, sie beschützten mich.