Ein Japan Zimmer entsteht:
<Ich hab das jetzt hier gepostet, da ich auch gerne Ideen und Anregungen von euch einfließen lassen möchte ...>
Nach all den Inspirationen durch Animes habe ich letztes Jahr gedacht, ich könnte es doch mal versuchen, japanische Wohnkultur bei mir zu Hause einzubringen und daraus ist ein Projekt entstanden, das ich euch hier nun auf Wunsch einiger Forumuser und Teammitglieder vorstellen möchte:
Was macht einen Japanischen Wohnraum aus?
Japanische Wohnräume im klassischen Sinn strahlen eine außergewöhnliche Ruhe und Harmonie aus. Wände und Boden sind von geraden Linien geprägt und vermitteln eine luftige Leichtigkeit. Die niedrigen Möbel lassen selbst Räume mit geringer Deckenhöhe größer wirken, zumal man ja auch vornehmlich auf dem Boden sitzt.
Das ist nun eine wichtige Voraussetzung bei der Entscheidung: Man sollte gerne auf dem Boden sitzen.
Um einem Raum das typische Aussehen zu verleihen, müssen Wände und Boden gestaltet werden. Die Wandverkleidung besteht aus einem Holzgitter, das mit dem Original Soji-Papier hinterklebt ist. Der Boden selber wird mit Tatami Matten ausgelegt. Die Soji-Wandverkleidung setzt sich an den Kleiderschränken fort. Das Mobiliar anzupassen ist ebenfalls nicht sonderlich schwer und ist mit preiswerten Lösungen von Ikea leicht zu erreichen (dazu noch später).
Welche Räume eignen sich?
Alle! – Bei mir ist es ein Dachzimmer mit allerlei schrägen Wänden (Horror!), aber lösbar.
Ein rechteckiger Raum ist natürlich wesentlich einfacher,
Aber es muss ja auch nicht gleich ein ganzes Zimmer sein. Eine Raumecke mit zwei Wänden, oder selbst die Rückwand hinter einem Bett, oder der Gästebereich im Wohnzimmer lässt sich so leicht bearbeiten und vermittelt japanischen Flair und unterstreicht ganz deutlich unsere Begeisterung für das Land und seine Gebräuche.
Wichtig ist ein Minimum an Ordnung. Vollgestopftes Chaos raubt dem Raum seine Zen-Wirkung, die jeder, der nach der Arbeit geschafft nach Hause kommt, sehr zu schätzen lernen wird.
Kann ich das auch selber bauen?
Ja! Ich bin kein gelernter Schreiner, noch Innenausstatter. Man braucht in erster Linie Geduld und zwei gute Werkzeugmaschinen: Hier kann ich euch gleich meine besten Freunde vorstellen:
Die Gehrungssäge und den Tellerschleifer.
Dazu eine kleine Armee von Klammern und eine Flasche Holzleim.
Eine detailliertere Materialliste füge ich am Ende noch an.
Wie gesagt, aber das Wichtigste ist Geduld. Die Arbeit dauert (ich habe ungefähr 14 Arbeitstage in diesen Raum investiert). Genaue Schnitte zu machen und sauber zu verkleben ist keine reine Frage der Geschicklichkeit, sondern des genauen Arbeitens.
Erst die Wände, dann den Boden!
Ich habe mir überlegt, den Boden leicht anzuheben. Eine Tatami Matte höherer Qualität hat eine Höhe von 5,5 cm. Da mir dies für eine Stolperschwelle zu hoch und eine Stufe zu niedrig erschien, habe ich beschlossen, den Boden auf insgesamt 10 cm anzuheben. Das ist nicht unüblich.
Also beginnt meine Wandverkleidung 10 cm über dem Boden.
Die Kassetten des Gitters können verschiedenartig sein. Bei mir sind es 27cm in der Höhe und 35 cm in der Breite (das ergab sich aus der Raumhöhe). In Emiya Shirous Esszimmer weisen die Wände weit größere Felder auf. Das geht auch. Die Felder können aber nicht größer sein, als die Breite des Soji-Papiers, das ihr verwendet! Anstückeln geht nicht!
Das Gitter:
Klassisch verwendet man quadratische Holzstäbe. Kiefer ist gut und relativ preiswert. Laubhölzer, oder gar Kirsche sind rausgeschmissenes Geld. Der Japanische Schreiner beherrscht es natürlich aus der linken Hand, die Nuten passgenau in die Stäbe einzuschneiden und auszustämmen. Wer das nicht gelernt hat, kann das vergessen!
Also habe ich einen einfacheren Weg gefunden: Ich habe halbe Stäbe (2 cm breit x 1 cm hoch) genommen und überkreuz gelegt. Die jeweiligen Zwischenräume werden mit entsprechend geschnittenen Stäben gefüllt. Das funktioniert ganz großartig und ist enorm stabil. Die Montageklammern sind unerlässlich. Bei angelegter Klammer kann man die Leisten ca. 5 min lang verschieben. Austretenden Kleber gleich feucht abwischen!
Auf den Bildern seht ihr, wie so was entsteht:
Oberfläche:
Nun werdet ihr schnell merken, dass es nicht immer 100%ig wird. Der Leim tritt zwischen den Leisten aus (gleich feucht abwischen nach dem Klammern!) und hier und dort ist ein Spalt oder eine Kante. Kleberreste und Kanten werden nach dem Trocknen mit dem Tellerschleifer eingeebnet. Spalte füllt man, indem man das Sägemehl mit etwas Leim zu einer Paste mischt und in die Spalte streicht. Der Endschliff mit 160er Schleifpapier auf der Maschine liefert ein Ergebnis, über das man dann richtig staunen kann!
Farbe:
Lasieren – also mit einer Farbe bestreichen, die die Holzstrukturen sichtbar lässt (oder verstärkt) ist unüblich, aber keineswegs verboten – ist letztendlich Geschmackssache! Aber Vorsicht! – Klebestellen werden dabei sichtbar hell!
Holzlacke sind besser. Farbe: schwarz, alle Brauntöne, oder Bordeauxrot – wie man es gerne hat. Ich habe ein helles fuchsbraun (seidenmatt) genommen, das an Kirschholz erinnert. Zum Auftragen eine kleine Rolle – das geht schneller – zum korrigieren ein Pinsel.
Nach dem ersten Farbauftrag wird das Holz rau – da müsst ihr mit 160er Papier drübergehen und einen zweiten Anstrich machen. Wer es ganz toll haben will, der schleift dann noch mal mit 320er in der Maschine und sehr vorsichtig, damit der Lack glatt, aber nicht entfernt wird und lackiert mit Klarlack drüber – also das hab ich mir gespart.^^
Soji-Papier:
Dieses Papier ist unglaublich! Es fühlt sich ganz klasse an, sieht mit der leichten Struktur super aus und lässt sich mit dem Originalleim total easy verarbeiten:
Leim drauf – mit dem Finger bisschen verstreichen – Papierrolle anlegen, ausrichten und unter leichtem Druck/Zug drüberrollen. Mit dem Teppichmesser abschneiden und fertig! Keine Panik, wenn es leichte Wellen macht – die gehen raus!
Montage an die Wand:
Um die Soji-Rahmen an die Wand zu bringen, empfehle ich, eine Dachlatte vorher an die Wand zu schrauben und den Rahmen dann mit Drahtstiften (40 mm Nägel mit besonderes kleinem Kopf) anzunageln. So sieht man von vorne keine Schraubenköpfe. Verwendet so wenige Nägel wie möglich, damit ihr den Rahmen im Falle einer Reparatur wieder abhebeln könnt!
Ein Highlight – die Beleuchtung
Soji-Papier lässt sich wunderbar hinterleuchten! Bei einem kleinen Raum, wie bei mir wirken dann am Abend die Wände viel weiter.
Schwierig? Nein! Da es mittlerweile überall Leuchtdioden als Lichtschlauch billig gibt. Ich habe ein Strip-Light verwendet und auf den unteren Holzrahmen aufgeklebt. Die Dachlatte ist 2,5 cm breit und bietet genügend Distanz. Bitte keine Glühlichter nehmen! Ihr habt Holz und Papier – das mag Hitze garnet!^^
Der Boden ist nicht nur zum drauf rumlaufen da!
Tatamis sind in Japan nicht nur ein Bodenbelag, sondern ein Flächenmaß. Eine Wohnung wird traditionell in „Tatamis“ gemessen (1 tatami = 180 x 90 cm). Es gibt zwei Qualitätsstufen: Standard ist etwas dünner und nachgiebiger. Die Innenpolsterung ist weniger dicht und der Reisstrohbelag etwas lichter. Das Material ist wunderbar geeignet, wenn keine Punktbelastungen (z.B. Möbelfüße) auftreten, oder die Matten direkt auf einer glatten Unterlage liegen, die nicht kalt ist (also kein Steinboden).
HQ Matten kosten nicht nur etwas mehr, sondern wiegen satte 37 Kilo, sind stabiler und isolieren besser.
Ich habe unter die Matten einen Lattenrost aus preiswerten Dachlatten gelegt, um die 10 cm Höhe zu erreichen. Hier kann man nebenbei alle Kabel verschwinden lassen, die sonst so rumliegen.
Maße:
Standard für Europa ist 100 x 200 cm. Darüber hinaus wird 90 x 200, 80 x 200, 70 x 200 und 60 x 200. Die japanischen Maße mit 180 x 90 und 90 x 90 bekommt man ebenfalls. Manche Zulieferer bieten Sonderanfertigungen mit beträchtlichen Lieferzeiten an. Dass diese mehr kosten, muss ich net sagen.
Also ist erst Messen und dann pusseln angesagt. Traditionell werden die Matten paarweise längs und dann eine dazu quer gelegt. Habt ihr sicher schon in den Animes gesehen.^^
Falls es sich um 5 – 15 cm im Raum nicht ausgeht, dann kann man außenherum gehobelte Holzbretter passend zur Soji-Rahmen Farbe als Randabschluss legen. Das sieht sehr schön aus.
Möbel:
Wer einen Schrank im Zimmer hat, der kann es sich überlegen, die Türen gegen Soji-Schiebetüren zu tauschen. Diese Schiebetüren lassen sich, wie die Wände selber herstellen – ist alles nur eine Frage des genauen Arbeitens! Unten und oben müsst ihr eine Holzschiene herstellen und an den Schrank schrauben - zwei Abschlussleisten an den Seiten – fertig!. Wenn ihr die Kanten schön glatt macht, dann gleiten die Türen ohne Rollen wunderbar, wenn man sie ein wenig mit warmem Schiwachs einreibt.
Japanisches Mobiliar zu kaufen, ist natürlich schick, aber teuer. Ich habe hierzu einen Ikea Tisch für 19 Euro genommen und die Beine gekürzt. Da noch eine große Decke draufkommt (Da informiere ich euch, wie ich an die rangekommen bin im nächsten Post ^^), sieht man vom Tisch ohnehin nichts mehr. Unter dem Tisch befestige ich dann später noch eine Heizdecke und habe dann einen wunderbaren „Kotatsu“ – wer Azumanga Daioh gesehen hat, weiß, wie sich jeder über so einen Tisch freut!
Schlafen:
Der Futon, besonderes der klassische Japanische Rollfuton sind natürlich etwas für die Freaks. Wer ein kleines Zimmer hat, kann den am Morgen zusammenrollen und im Schrank verstauen (siehe Chobits - ´Hidekis Appartment) – aber man muss es mögen, relativ hart zu liegen).
Dicke Futons lassen sich nicht so leicht rollen, bieten aber wesentlich mehr Komfort. Am Anfang genügt auch die vertraute Matratze, die man auf den Tatami legt, oder man besorgt sich einen Futon-Bettrahmen, der entsprechend niedrig ist, oder gar keine Füße hat. (Dann muss man auf den geliebten Lattenrost auch nicht verzichten)
Noren:
Diese Vorhänge sind dafür gedacht, dass sie in der Tür hängen, oder den Schlafbereich abtrennen. Hier habe ich mir zwei aus USA bestellt, da man bei uns nur teuer und in wenigen Ausfertigungen bekommt. Infos folgen …
Letzte Aktion des Ausbaus:
Habe ich schon was zu den Falten in den Wänden gesagt? Wenn alles montiert ist, nehmt ihr eine Sprühflasche und füllt sie mit Leitungswasser. Befeuchtet nun das Soji Papier damit und: Alle Falten sind weg! – faszinierend! XD
Hier noch n paar Shots vom aktuellen Stand - aber da fehlt noch viel .... to be continued
So nun noch eine Kostenübersicht:
Tatami: 200 x 100 Standard : 90 -110 Euro
Tatami: 200 x 100 HQ : 120 -145 Euro
Japanwelt | Tatami
Tatami - Preisblatt
Soji Papier: 15 Meter, 95 cm breit (taffTop Unryu) 92 Euro
Spezialleim (unerlässlich) 4 Euro
Shoji-Papier - Bespannung für japanische Schiebewände
Holz:
Dachlatte 2 Meter (2,4 x 4,8 cm) ca. 0,85 Euro
4kant Stab 10 x 20 mm, 2 m lang, Kiefer: 2,20 Euro
Abschlussbrett 10 mm x 100 mm, 2m Lang, Fichte gehobelt: 5,60 Euro
Preise aus OBI – Baumarkt – also das geht billiger - also Preise im Netz vergleichen, da ihr von den 4kant Stableisten echt ne Menge braucht
Möbel
Japanwelt | asiatische Möbel
Noren:
Japanese Noren Curtain
Kotatsu-Decke (aber da habe ich vielleicht einen billigeren Importeur gefunden)
Kotatsu Table, Kotatsu Heater, Kotatsu Futons
Wer nun noch Fragen hat – oder Anregungen – oder Diskussionsbedarf – Postet mal fleißig -
Ich halte euch weiter auf dem Laufenden …